Fast zuviel gibt es über Ivo Donev zu erzählen. In Bulgarien geboren, absolvierte er in Sofia die Sportuniversität und wird der erste diplomierte Schachtrainer und Sportlehrer. 1990 wird ihm der Titel “Internationaler Schachmeister” verliehen und er übersiedelt nach Österreich.
Seitdem ist viel passiert im Leben von Ivo Donev. Als professioneller Schachspieler und auch Trainer engagiert er sich, wo es nur geht. 1997 hat er ein Schachbuch mit dem Titel “Die wichtigsten Ideen im Endspiel” herausgegeben. Auch heute noch spielt er und coacht andere. Bekannter ist Ivo Donev heute aber als Poker-Profi. Wie es dazu kam und einiges mehr erzählt er Martin Pollak im Interview:
Pokerolymp: Deine Erfolge im Poker sind ja ein Beweis dafür, dass Du nicht nur Schachspielen kannst. Wie bist Du eigentlich vom Schach zum Poker gekommen? Wie verlief Deine Pokerkarriere bisher?
Ivo: 1998 war ich zum ersten Mal im Casino, es war das Casino Bregenz. Und ich war fasziniert von Poker. So fasziniert, dass ich begann, mich mit dem Spiel zu beschäftigen, es studierte, um mich weiter zu verbessern. Nach nur zwei Jahren habe ich es geschafft, ein Gold Bracelet und den Weltmeistertitel im Omaha Limit bei der World Series of Poker zu gewinnen. Obwohl ich sagen muss, dass Texas Hold’em meine beste Disziplin ist. Aber mit 64 Final Tables, darunter 5 bei der WSOP, in 8 Jahren kann man, glaube ich, zufrieden sein.
Pokerolymp: Poker boomt, nicht nur in Live-Casinos, sondern auch im Internet. Hast Du Dich vom Internet-Virus anstecken lassen oder bevorzugst Du noch immer die Karten in der Hand und die Gegner in persona am Tisch zu haben?
Ivo: Das Internet bietet viele Möglichkeiten. Für mich hat Pokern im Internet aber vorwiegend Trainingscharakter. Wenn ich im Internet spiele, dann hauptsächlich, um mich in Spielen zu verbessern, bei denen man live nicht so oft die Möglichkeit dazu hat – z.B. Short-Handed, Heads-Up, 1-Table-Satellites, aber auch große Turniere an den Wochenenden.
Pokerolymp: Was ist Deine persönliche Meinung über den Pokerboom. Freut es Dich als Spieler oder siehst Du eher Gefahren, dass derzeit Poker in aller Munde ist?
Ivo: Der Pokerboom in Europa könnte zu einer ähnlichen Situation führen, wie in den USA. Dort hat Poker einen guten Ruf und die guten Poker-Spieler haben den Rang eines Profisportlers. Ich denke, für Poker benötigt man einen gewissen Intellekt und gute mathematische Kenntnisse, auch Disziplin und einen starken Willen, also mehrere Faktoren, die gut für die Entwicklung eines jungen Menschen sind. Aber man darf nicht übertreiben- hier liegt die größte Gefahr! Es gibt Menschen, die können ihre Grenzen nicht richtig setzen: Sie spielen zu lange und verlieren zu viel!!! Darum ist Poker auch eine große Gefahr für Menschen, die sich nicht gut beherrschen und bremsen können. Aber auf der anderen Seite ist Poker eine wunderbare Möglichkeit für intelligente, disziplinierte und fleißige Leute. Sie haben die Chance, Erfolge zu feiern (die hier sehr gut belohnt sind) und auch ihr Können zu beweisen.
Pokerolymp: Vor Jahren wurde in allen Cardrooms hauptsächlich Seven Card Stud gespielt. Warum gerät Deiner Meinung nach diese Variante immer mehr ins Abseits? Auch bei den großen Turnierserien wird vorwiegend No Limit Hold’em gespielt. Worin siehst Du die Ursache dafür?
Ivo: Für mich gibt es dafür zwei Hauptursachen: Zum Einen ist 7 Card einfach viel langsamer als Hold’em. Es gibt eine Setzrunde mehr, die Spieler müssen mehr überlegen, weil mehr offene Karten am Tisch liegen. Deshalb dauert auch die Entscheidung, was der Spieler aus seinem Blatt machen kann, viel länger. Zum Anderen ist aber auch der Glücksfaktor bei 7 Card wesentlich höher als bei Hold’em. Ein Beispiel – bei Hold’em ist AA gegen KK immerhin 4:1 Favorit. Dieselbe Paarung bei 7 Card bringt jedoch nur einen 2:1 Vorteil.
Pokerolymp: Welche Poker-Spieler beeindrucken Dich?
Ivo: Es gibt drei Poker-Spieler, die ich wirklich bewundere:
Daniel Negreanu – für seine tiefe Analyse beim No Limit Hold’em
Chris Ferguson – für sein fantastisches Benehmen und seine starke Selbstkontrolle am Tisch, auch bei Bad Beats
Phil Ivey – wegen seiner phänomenalen Erfolge bei No Limit Hold’em
Pokerolymp: Gibt es etwas, was Dir am Pokertisch wirklich zu schaffen macht?
Ivo: Ja, aber da geht es mir wie vielen anderen. Bad Beats sind für mich einfach furchtbar. Alleine wenn ich an so Konstellationen wie AA verliert gegen ein Backdoor Flush denke. Aber das gehört nun einmal auch zum Pokern…
Pokerolymp: Auf Deiner Webseite www.ivodonev.com bietest Du viele Dienstleistungen sowohl im Bereich Schach als auch für Poker an. Wodurch zeichnet sich Dein Coaching aus und – für viele eine nicht unwichtige Frage – kann ich mir das auch als Anfänger leisten?
Ivo: Ich bin seit Jahren geprüfter Schachtrainer. Mittlerweile habe ich mir aber auch sehr viel Wissen über Poker angeeignet. Ich besitze unzählige Programme, DVDs, Karteien usw. Das Coaching biete ich vor allem schon für fortgeschrittene Poker- und Schachspieler an. Sei es jetzt in Form von Unterricht oder Coaching bei Turnieren. Ich habe Trainingspläne entwickelt, zum leichteren Verständnis und damit jeder auch weiß, was ich von ihm erwarte. Der Preis richtet sich dann de facto danach, wie viele Stunden sich ergeben. Oder bei einem Kurs, wie viele Teilnehmer sich melden.
Pokerolymp: Du selbst bist ja eines der besten Beispiele für den “schachspielenden Pokerspieler”. Warum entdecken immer mehr Schachspieler das Pokerspiel und zum Teil auch sehr erfolgreich. Sind die Spiele in der Strategie so ähnlich oder haben Schachspieler besondere Fähigkeiten?
Ivo: Viele gute Schachspieler – Klinger, Tolnay, Gustafsson, Wahls, auch Casagrande – sind zum Poker gegangen, weil es einfach leichter ist, bei Erfolgen Geld zu verdienen. Schach ist ein wunderbarer Sport. Aber um eine gute Leistung zu bringen, muss man sich optimal vorbereiten und das wiederum heißt einige stunden täglich (!) trainieren. Der Lohn dafür ist vergleichbar schlecht. In einem offenen Schachturnier, so wie sie monatlich in Europa stattfinden, bekommt der erste Platz ca. €2,000, der zweite€1,500, der dritte €1,000. An so einem Turnier nehmen rund 100 Schachspieler teil, und das sind keine Anfänger. Viele von ihnen sind Titelträger wie Großmeister oder Internationale Meister. Die Chancen unter den ersten Drei im Turnier zu landen, sind wirklich nicht sehr hoch. Rechnet man jetzt auch noch den Trainingsaufwand, ist es mehr eine Investition als ein Gewinn. Darum ist Schach ein wirklich wunderbares Hobby, aber kein Beruf. Das schöne an Schach ist aber auch, dass der Glücksfaktor mit 2-3% minimal ist. Zusammengefasst in einem Satz “Schach ist viel Arbeit für wenig Geld”.
Pokerolymp: Du bist doch stolzer Besitzer eine WSOP-Bracelets. Bist du jetzt damit zufrieden oder willst du mehr?
Ivo: Tatsächlich plane ich eine sehr ernsthafte Vorbereitung auf die WSOP 2007. Besonders das erste WSOP-Event $5,000 Limit/No Limit Hold’em Mix entspricht da genau meinen Vorstellungen. Ich fühle mich bei den beiden Hold’em Varianten sehr wohl und habe auch sehr viel Erfahrung. Abwarten, wie es wird. Aber generell möchte ich auch heuer wieder sehr viele Hold’em Turniere spielen.
Pokerolymp: Dein bester Tipp für Poker-Anfänger?
Ivo: Übung macht den Meister!
Pokerolymp: Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg, sowohl beim Schach als auch beim Poker.
Martin Pollak
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.02.2007.