Jeder halbwegs begabte Pokerspieler braucht mindestens acht Kostbarkeiten für einen erfolgreichen Turniertag: Sitzfleisch, Bluffvermögen, Sonnenbrille, Kapuzenpulli, mathematisches Verständnis, Geduld, Humor und – Kopfhörer.
Ja, Kopfhörer. Mit Musik drin. Zum Ablenken, zum Relaxen, aber auch zum Nichthören der ganzen lustigen und humorlosen Sprüche der Mitspieler. Musik wird ein immer größeres Thema bei jedem Pokerspiel. Immer mehr Spieler ziehen die Sonnenbrille aus, dafür die Kopfhörer an.Ist auch okay so, es sei denn, sie verstehen aufgrund der Lautstärke so gar nichts mehr, vor allem so unwichtige Details wie Call oder Raise. Oder sie grölen lauthals ihre Lieder mit, vorzugsweise the Best of Modern Talking.
Oder andere Kleinode der deutschen Volksmusik. Egal ob Bohlen oder das andere Genie (Mozart), Musik gehört dazu. Denn wie heißt es schon in der allseits bekannten deutschen Bauernweisheit. „Böse Menschen haben keine Lieder, dafür drei I-Pods“. Ja, Musik gehört dazu. Zum Poker und zum anderen, richtigen Leben.
Wer erinnert sich nicht an einen der größten Smash-Hit aller Zeiten, danke, John Miles: Music was my first love – and Poker is my last. Ich erinnere mich exorbitant daran, bei diesem Lied bin ich entjungfert worden. Ich will jetzt nicht angeben, aber ich war 15 und die beiden Glücklichen hießen Uta und Franziska. Damit aber genug mit meinem guten und erfüllten Sexualleben, widmen wir uns wieder der Musik.
Interessant zu erfahren und auch ein wenig investigativ ist es, welche Musik welche Spieler hören. Aus diesem Grund bin ich einfach mal bei den letzten großen Turnieren an die Tische gegangen und habe die Kopfhörer der Stars von dessen Ohren befreit und reingehört. Nicht jeder fand die Aktion jetzt prickelnd, vor allem, wenn er gerade in einer All-In-Situation war. Aber, da müssen die durch, schließlich ist es meine Aufgabe zu informieren. Also aufgemerkt, denn hier spielt die Musik.
Mit Erstaunen habe ich feststellen müssen, dass jeder in der Tat unterschiedliche Musik hört. Sogar individuell auf den jeweiligen Spieler zugeschnitten, quasi als Motivation.
Auf dem I-Pod von Katja Thater beispielsweise hörte ich den letztjährigen Mallorca-Sommerhit„Ich hab die Haare schön“, gefolgt von Heinos Mitgröler „Ja, ja, die Katja, die hat´s ja“.Nicht ganz so romantisches Liedgut findet sich bei Mike Matusow und auch auf dem Walkman von Scotty Nguyen: „Kokain“ von Hannes Wader, „Alkohol“ von Herbert Grönemeyer sowie die beiden Ulksongs „Sack voll Drogen“ von We Smile und das allseits beliebte „Bier her, Bier her oder ich lall um“ von Sepp Vielhuber und seiner Original Oktoberfest Brass Band. Grüße nach München.
Auch ein Phil Hellmuth hört deutsche Lieder, beispielsweise „Idiot“ von Michelle und Matthias Reim, als sie noch gemeinsam gesungen und geschnackselt haben. Oder „Idioten“ von den Puhdys, quasi damals die Pur der Ossis. Aber auch Green Day mit „American Idiot“ summt Herr Hellmuth gerne mal mit. Vorzugsweise, wenn er wieder mal von 10 8 off gecallt wird.
Der andere Phil hingegen hat nur einen einzigen Song auf seinem technischen Abspielgerät der neuesten Generation. „Superstar“. Dafür aber in Interpretationen und Abwandlungen diverser Bands und Solokünstlern wie den Böhsen Onkelz, David May, Jamelia aber auch Lauryn Hill.
Bei Patrik Antonius (der im übrigen immer noch darauf wartet, dass ich ihm seinen I-Pod zurückgebe) fand ich so besinnliche Songs wie „So schön kann doch kein Mann sein“ von Gitte, auch skandinavischer Herkunft. „Weiber“ von Wolfgang Petry, aber auch „Girls Girls Girls“ von Sailor und ebenfalls einen Malle-Mitgröl-Hit „10 nackte Frisösen“. Yes, a dream come true.
Auch Chris „Sohn von IHM“ Ferguson hat eine eigens für ihn zusammengestellte Songauswahl:Oomph mit „Gott ist ein Popstar“, Marius M Westernhagen mit „Jesus“, Green Day mit „East Jesus Nowhere“ und Marilyn Hardcore Mansion mit „Personal Jesus“ Und dazu hat er das Best Of Album von Karel Gott. Ja, das gibt es tatsächlich.
Man sieht also, viele Interpreten verderben nicht die Musik, dieser Spruch gilt wohl nur bei Brei und Köchen. Apropos Koch. Beim Gottvater des deutschen Pokern, dem Horst, habe ich natürlich auch mal reingehört. Heino und quasi als Heavy Metal-Pendant dazu Mireille Mathieu. Karamba, Karacho, zwei Whiskey hinter den Kulissen von Paris jenseits des Tals. Mit der schwarzen Barbaradann im Frühtau auf dem Berge schwarz braune Haselnüsse pflücken. Ja, Cheri, es geht ihm gut.
Der Trend zur Personifizierung der musikalischen Vorlieben der Pokerspieler, vor allem der Topspieler dieses Planeten, ist nicht aufzuhalten. Grandios umgesetzt wurde es bei Gus Hansen.Hier haben sogar Künstler und Bands ihre bestehenden Hits umgeschrieben. Die alte Mitschunkel-Hymne von den Gebrüdern Blattschuss gibt es seit knapp einem Jahr als Gus-Edition:
Ich liebte ein Mädchen in Polen, die hat mir dann Chips gestohlen.
Ich liebte ein Mädchen in San Remo, danach machte ich die Schwester froh.
Ich liebte ein Mädchen in Monaco, die machte mich 10 mal sehr froh.
Ich liebte ein Mädchen in Oslo, die machte mein All-In froh.
Ich liebte ein Mädchen bei der EPT, die lutschte immer an meinem Zeh.
Ich liebte ein Mädchen in Dortmund, danach lief nix mehr rund.
Ich liebte ein Mädchen in Kanada, vor und während beim Omaha.
Ich liebte ein Mädchen in Gummersbach, die legte danach der Ivey flach.
Ich liebte ein Mädchen in Stuttgart, da wurde es immer ganz schön hart.
Ich liebte drei Mädchen in Bonn, dabei war auch Chris Ferguson.
Ich liebte ein Mädchen im Memphis, danach hatte ich die Syphillis.
Ich liebte ein Mädchen in Vegas, das war genauso krass.
Ich liebte ein Mädchen bei der WPT, bei der musste ich immer auf die Knie.
Ich liebte ein Mädchen in Australien, deren Namen ich nicht kenn.
Ich liebte ein Mädchen in England, die war dafür bekannt.
Ich liebte ein Mädchen in London, leider ne Transe namens Long Ron.
Ich liebte ein Mädchen im Kongo, das war die Schwester von Matusow.
Ich liebte ein Mädchen in Turkmenistan, da durfte auch der Erick ran.
Ich liebte kein Mädchen in Fidschi, denn da war ich nie.
Und das ist nun in der Tat das Ende vom Lied.Vielleicht noch erwähnenswert, dass auch ich natürlich mit Kopfhörern am Tisch sitze. Ich aber höre keine Musik, nicht mal Lady Gaga, sondern Hörbücher. Zur Zeit das Buch „Pokern für Anfänger“, Kapitel 3 „Was bedeutet Big Blind?“
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 29.09.2009.