Joe spielt seit zwei Jahren Poker. Seitdem hat er nichts anderes gespielt als 1 $/2 $-Limit Hold’em im Internet. An seinem Spiel hat er hart gearbeitet. Er hat Bücher und Artikel gelesen, außerdem ist er in Online-Foren aktiv. In seinem ersten Jahr als Pokerspieler hat Joe permanent verloren, in den nächsten sechs Monaten hat er ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt und seit sechs Monaten gewinnt er dauerhaft. Zum ersten Mal, seit er mit Poker angefangen hat, überlegt sich Joe, ob er auf 2 $/4 $-Limit Hold’em aufsteigen soll. Auf seinem Konto hat er 1.000 $.
Joe holt sich bei anderen Rat. „Vorausgesetzt, ich gewinne weiter auf 1 $/2 $ und zahle kein Geld auf mein Konto ein. Wann kann ich dann in einer 2 $/4 $-Partie mitspielen? Wie groß sollte meine Bankroll sein?“
Joe erkundigt sich bei seinen Pokerfreunden, stellt die Frage in seinen Online-Foren und konsultiert seine Lieblings-Pokerautoren. Überall bekommt er dieselbe Auskunft, die lautet, dass Joe nicht aufsteigen soll, bevor einen gewissen Betrag als Bankroll hat. Weitere Ratschläge bekommt er nicht.
Joes Ratgeber legten sich durchschnittlich auf 300 Big Bets (BBs) fest. Sie empfahlen Joe, dass er mit einer Gewinnquote von 1 BB pro Stunde mindestens 300 BBs haben müsse, um die unvermeidlichen Fluktuationen mit einem halbwegs niedrigen Pleite-Risiko aushalten zu können. Sofern er keine 300 BB habe, solle er auf keinen Fall aufsteigen. So lautet der Ratschlag. Es gibt keine Unsicherheit. Steig bei 300 BB auf. Nicht vorher.
Joe hielt sich exakt an die Empfehlungen seiner Ratgeber. Er gewann weiter auf 1 $/2 $ und als seine Bankroll 1.200 $, also 300 BB auf 2 $/4 $, betrug, setzte er sich an einen 2 $/4 $-Tisch. In seiner ersten Hand bekam er Ax Kx im Big Blind, setzte insgesamt 3 Big Bets und verlor die Hand. Seine Bankroll betrug nun 297 BBs auf 2 $/4 $ bzw. 596 BBs auf 1 $/2 $.
Genau in diesem Moment hatte Joe keine Internet-Verbindung mehr. Eine Stunde später loggte er sich wieder ein und musste sich für ein Limit entscheiden. Ohne Zögern setzte er an einen 1 $/2 $-Tisch, da er nicht genügend Geld für 2 $/4 $ hatte, nämlich keine 300 BBs.Aber Moment. Bevor die Internet-Verbindung unterbrochen wurde, war Joe gerade dabei den Small Blind in einer 2 $/4 $-Partie zu setzen und sich dennoch an die Empfehlung seiner Ratgeber zu halten. Wieso das?
Ganz einfach. Wenn jemand anordnet, dass man aufgrund einer vorgeschriebenen, minimalen Bankroll aufsteigen soll, muss es auch eine vorgeschriebene Schwelle für den Abstieg geben, ansonsten hat die Methode Wahnsinn.
Angenommen Sie halten sich für vernünftig. Ihnen ist klar, dass Sie beim Erklimmen des Internet-Poker-Bergs gelegentlich für eine Weile absteigen müssen, bevor Sie Ihren Aufstieg fortsetzen. Möglicherweise müssen Sie ein Limit niedriger spielen. Wenn Sie es für logisch halten, dass Sie bei einer bestimmten Anzahl von BBs aufsteigen können, stellen Sie als vernünftiger Mensch fest, dass es genauso logisch sein muss, bei einer bestimmten Anzahl von BBs abzusteigen. Aber die Anzahl kann nicht identisch, sondern es müssen zwei verschiedene Werte sein. Sie können vernünftig sein und beschließen, „Ich steige auf das nächste Limit auf, wenn ich für das höhere Limit 300 BBs habe“, und im selben Atemzug sagen, „dass Sie von diesem Limit wieder absteigen, wenn Sie auf 299 BBs fallen.“
Um den Berg zu besteigen, brauchen Sie ein Spektrum. Sie brauchen zwei Werte und die Einheit dafür sind BBs. Der höhere Wert ist der minimale Betrag, um aufzusteigen. Der niedrigere Wert ist der minimale Betrag, um weiterhin auf dem Limit spielen zu können, auf das Sie gerade aufgestiegen sind.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.02.2009.