Im Rahmen der EPT London konnten unsere Kollegen von PokerListings Gus Hansen für ein Interview gewinnen. Recht schonungslos spricht der Däne über die Schwächen seines Spiels, seinen alten und neuen Sponsor Full Tilt und über seine Pläne für das laufende Jahr.
Wir haben das Interview für unsere Leser ins Deutsche übertragen.
Du bist zurück bei Full Tilt – wie fühlt es sich an, wieder dort zu spielen?
Es ist großartig, wieder bei Full Tilt zu sein. Die Software und das Spiel haben mir schon immer gefallen. Aber, wie bei vielen Anderen auch, lief es für mich in den letzten Monaten katastrophal. Das ist alles ziemlich verkorkst – das Gefühl ist also eher gemischt.
Im Dezember hast Du gesagt, dass einer der Gründe, warum es nicht lief, war, dass Du zu viel Ablenkung hattest. Ist das inzwischen besser geworden?
Es ist wohl recht offensichtlich, dass es nicht besser geworden ist, denn meine Negativ-Serie hält immer noch an. Ich habe mir nicht genügend Mühe gegeben, war zu schlampig und nicht konzentriert genug. Ich hab das Spiel im Grunde nicht ernst genug genommen und man kann nicht erfolgreich gegen die besten Spieler der Welt spielen, ohne sein A-Game abzurufen. Hoffentlich kann ich das ändern.
Graph von Gus Hansen seit dem Relaunch von Full Tilt: rund 5 Millionen in den Miesen.Im Vergleich zum Stand von vor zwei Jahren, wie haben sich die Spiele verändert?
Ich habe über anderthalb Jahre nicht gespielt, so dass es schwierig ist, Veränderungen auszumachen. Es sieht aber so aus, als wären die Spieler im Allgemeinen besser geworden. Das ist wohl eine natürliche Entwicklung. Leute werden besser im Sport, springen höher, laufen schneller und werden eben auch besser beim Poker. Es gibt mehr Tools, um das Spiel zu verbessern, mehr Bücher, mehr Foren – all das verbessert das Spiel. Die Spieler sind deutlich besser als vor zehn Jahren und wahrscheinlich auch besser als vor zwei Jahren.
Meinst Du, Dein Spiel derzeit verbessern zu müssen?
Ich meine, dass ich von den meisten Spielen einen guten Plan habe, aber mein derzeitiger Graph deutet an, dass ich diesen nicht umsetzen konnte. Ich muss mein Spiel wohl intensiver analysieren, als ich es bisher tat, um wieder in die Erfolgsspur zu finden.
Hast Du Erfahrung mit einigen Hilfsprogrammen, zum Beispiel Hold’em Manager?
Ich weiß, dass es sie gibt, aber ich habe keine Erfahrung mit ihnen. Ich habe einem Freund zugesehen, der so etwas benutzt, aber noch spiele ich ohne Tools. Offensichtlich nutzt inzwischen jeder solche Programme, das scheint inzwischen Standard zu sein.
Besprichst Du mit Deinen Kollegen, Viktor Blom und Tom Dwan, Hände und Strategien im Rahmen der Challenge?
Das kommt darauf an. Ich denke, dass ist mehr der Team-PokerStars-Ansatz. Ich möchte meinen, dass die drei Jungs (Negreanu, ElkY und Haxton) analytischer sind und sich mehr auf die Spiele vorbereiten, wohingegen wir FTP-Jungs uns eher an den Tisch setzen und einfach spielen. Aber ich glaube Vorbereitung wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Und klar, ich habe mit Dwan und Blom Hände besprochen, aber nicht auf dem Level, mit dem es unsere Gegner gemacht haben.
The Professionals von Full Tilt: Tom Dwan, Viktor Blom und Gus HansenWie gut kennst du Deine Kollegen Tom Dwan und Viktor Blom?
Tom Dwan kenne ich seit einigen Jahren, quasi seitdem er in der Poker-Szene bekannt wurde. Viktor und ich kommen vom selben Fleck der Welt. Er ist aus Schweden, ich bin aus Dänemark und spreche schwedisch – insofern ist es leicht, sich zu unterhalten. Meistens sprechen wir schwedisch, manchmal englisch und er ist ein sympathischer Kerl. Wir haben vor, unser Spiel gegenseitig zu analysieren.
Ist das “alte Full Tilt” für Dich ein inzwischen abgeschlossenes Thema?
Es war ein guter Tag für Poker als PokerStars auf die Bühne trat und sicherstellte, das praktisch jeder Spieler ausgezahlt wird. In den USA gibt es zwar noch Schwierigkeiten, aber das hängt eher mit dem DOJ zusammen. Für mich ist das Thema erledigt. Natürlich muss man von den Fehlern lernen und darf sie nicht wiederholen, aber man muss auch nach vorne blicken.
In einem Interview mit PokerListings im Sommer sagtest Du, Howard Lederer und Chris Ferguson trifft keine Schuld. Glaubst Du das immer noch?
Ich meine, damals gesagt zu haben, Howard und Chris seien der Fahrlässigkeit schuldig. Auch wenn ich nur ein stiller Investor war und nie an Vorstandssitzungen teilnahm, hätte ich einiger Warnzeichen gewahr werden sollen. Insofern bin auch ich zumindest fahrlässig schuldig. Die Anteilseigner sind es mit Sicherheit. Aber ich denke, es besteht ein großer Unterschied dazwischen, Dinge zu übersehen und boshaften kriminellen Handlungen. Chris Ferguson ist einer der angenehmsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Und Howard kannte ich seit so vielen Jahren, dass es sich ein wenig merkwürdig anfühlt, dass die beiden keine Rolle mehr spielen.
Wirst Du als FTP-Pro jetzt mehr EPTs spielen?
Ich spiel jetzt das Main-Event der EPT London und ich weiß, dass ich in Berlin und Monaco spielen werden. Ansonsten muss ich mal sehen. Klar, wenn ich ein gutes Ergebnis erziele und mich die Begeisterung packt, spiele ich womöglich ein paar mehr. Aber wenn ih im zweiten Level ausscheide, sage ich mir selbst möglicherweise: “Ah, diese Turniere magst du ohnehin nicht”.
Wirst Du die WSOP spielen?
Ja. Ich hab mir den Plan zwar noch nicht angesehen, aber ich werde auf jeden Fall dort sein.
Und wirst Du auch in Macao spielen?
Pläne hab ich zwar keine, aber es sollte mich sehr wundern, wenn ich nicht irgendwann in diesem Jahr nochmals dort aufschlagen sollte. Anfang des Jahres war ich schon einmal kurz da.
Wirst Du in fünf Jahren noch Poker spielen?
Es würde mich sehr überraschen, wenn ich es nicht täte.
Interview: Thomas Hviid
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.03.2013.