Alarm in der Spielbank Hannover! Dank eines tüchtigen Mitarbeiters wurde ein weiterer Fall von Betrug am Kartentisch aufgedeckt. Dabei war es wieder wirklich simpel und einfach. Einmal die Karten außerhalb des gewohnten Turnus gezählt und prompt war ausreichende Verdachtsmomente gegeben, um sich die Videoüberwachung genau anzusehen. – Aber fangen wir mit der Geschichte chronologisch an.
Ein weltmännischer älterer Herr – nennen wir ihn Mr.M. – hoch in den Siebzigern, aber rüstig genug den Spielbanken mehrfache und ausgiebige Besuche abzustatten. Nach eigenen Angaben ursprünglich aus Kanada, aber stets charmant und bilingual parlierend und – man glaubt es kaum – ein ausgesprochener Liebhaber des Platz Eins und somit unmittelbarer Nachbar des Kartengebers. Für jeden ein freundliches Wort, hie und da auch eine kleine Einladung und bei einem wirklich Pot gab es auch mal eine Tischrunde.
„Give me the Money, Honey“ diesen Spruch verwendete Mr.M. bei praktisch jeder passenden und unpassenden Gelegenheit und er verlor auch keineswegs seine charmant fröhliche Art, obwohl sein Start-Stack von €2000 chronisch dahin zu schmelzen schien. Irgendwann begann dann das, was die Spieler gemeinhin als „guten Lauf“ bezeichnen. Niemand schien es Mr.M. krumm zu nehmen, warum sollte der ältere Herr nicht auch mal seine Treffer haben. In kürzester Zeit wechselten sich hohe Paar und perfekte Treffer ab und trotz des anfänglichen Fehlstarts lagen weit mehr als €5.000 ordentlich gestapelt vor dem freundlichen Kanadier auf dem ominösen Platz Eins.
So machen Betrüger ereilt das Schicksal, wenn er von dem beherrschten Muster abweicht. Wenn er mehr will, als er kann oder mehr riskiert, als er sollte. In diesem Fall kam es allerdings anders. Streng genommen konnte Mr.M. gar nichts dafür. Wer rechnet schon mit einem selbstständig mitdenkenden und freiwillig Karten zählenden Mitarbeiter in einer Spielbank? Diese junge eifrige Mann zählte, weil es dazu gerade eine gute Gelegenheit gab, rasch und unauffällig sein Deck. Dann stutzte er sichtlich und zählte nochmals und ostentativ, damit es auch jeder am Tisch sehen konnte und sehen musste. In diesem Moment macht Mr.M seinen verhängnisvollen Fehler. Während der Dealer, nachdem der Pot zugestellt worden war, anfing noch ein drittes Mal sein Deck zu kontrollieren, tupfte Mr.M. scheinbar gezielt auf eine der aufgefächerten Karten, so als ob es da eine Unregelmäßigkeit oder gar eine Markierung gegeben hätte. Während dieses Ablenkmanövers entledigte sich Mr.M. seiner überschüssigen Karte so schnell, dass ihn keines der inzwischen gespannt blickenden Augenpaare am Tisch dabei erwischte. Sonderbar war allerdings, dass plötzlich das Deck wieder komplett war und auffällig vor allem, dass diese Karte im Chiptray des Kartengebers lag und vorher sicher noch nicht da war. Doch irgendwie schien Mr.M. noch einmal davon zu kommen. Der Dealer gab noch weitere drei Spiele, selbstverständlich mit einem neuen Deck und alles ging seinen scheinbar gewohnten Gang.
Nach mehr als einer halben Stunde kamen sie dann. Als erster ein Mann im dezenten Anzug und bat Mr.M., doch den Tisch zu verlassen und mitzukommen. Mr.M. stand bereitwillig auf, nicht ahnend, dass ihm die Videoüberwachung beim Lapsus mit der entsorgten Karten ins Chiptray doch noch zum Verhängnis geworden war. Hätte er sie doch bloß unter den Tisch geschmissen, dann wäre alles viel einfacher für ihn und komplizierter für die Herren von der Kriminalpolizei. Das Sakko sollte er gleich mitnehmen und die Jetons und das Geld besser auch. Mit anderen Worten den zu Recht geliebten Platz Eins aufgeben, der wahrscheinlich ohne erstklassiges polizeiliches Führungszeugnis nicht mehr vergeben werden wird.
Mr.M. kam nicht wieder an den Spieltisch. Angeblich wurde sein Bild samt Schilderung dieses Vorfalls weltweit an alle relevanten Casinos und Card-Rooms geschickt und so wird es ihm auch wohl schwer fallen, jemals wieder zurückzukehren an seinen begehrten Platz Eins. Sonderbar die Stimmung am Kartentisch. Immerhin saßen da doch einige Spieler, die in den letzten Wochen doch einiges an Geld verloren hatten. Große Pots und der Sieger war dann stets der charmante Mr.M. und sein tröstliches „Give me the Money, Honey“. Aggressionen mochten aber trotzdem nicht so recht aufkommen. Nichts von diesen dumpfen Fantasien der selbsternannten Vollstrecker und Rächer. – Es gab eine Menge Verlierer an diesem Abend. Mr.M hatte definitiv verloren. Mögen seine Hände immer noch schnell genug sein für den Hausgebrauch, im Zeitalter der ständigen Video-Überwachung ist seine Zunft und Kunstfertigkeit vom Aussterben bedroht. Und es gab Spieler, die verloren hatten und es doch mit Humor und Anstand nahmen. Schließlich gab es noch die Spielbank Hannover, die an dem Abend etwas beweisen hätte können. Dicke Teppiche und teuere Anzüge kann man kaufen und bestellen. Klasse gibt es bei keinem der Großhändler im Angebot. Wahrscheinlich hatten die Herren von der Geschäftsleitung noch schnell den Hausjuristen aufgeweckt. So gab es einen Hinweis auf die Geschäftsbedingungen, der selbstverständlich die Spielbank von allen Haftungen nachweislich ausschloss und weiter ging es mit dem Spiel und den Spesen. Nicht einmal für eine Runde Getränke hatte es gereicht. Wahrscheinlich hätten die verbleibenden Spieler diese Getränke auch abgelehnt. Schon alleine weil sie Klasse hatten. So wie ihr ehemaliger Freund Mr.M. der Falschspieler.
Wir bedanken uns beim der Zeitschrift „Pokerblatt“ für Unterstützung bei dieser Recherche.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 23.11.2007.