Ich hatte schon zehn Jahre Poker gespielt, als ich 1984 das Folden entdeckte.
Es war zu der Zeit, als ich Bobby traf. Bobby hatte einen dicken Bauch, einen großen Bart und ein lautes Lachen. Er war wie der Weihnachtsmann ohne Geschenke. Er warf seine Hände weg, und es schien ihn nicht zu stören. Dann trug er das Geld weg, und es schien die anderen Spieler nicht zu stören.
Ich begann, häufiger zu folden, um zu sehen, was passiert. Ich foldete ein paar Mal mit T9 vor dem Flop. Ich foldete Q8s. Ich foldete ein Ass, als jemand raiste. Es war so neu, so aufregend. Ich fühlte mich wie ein Abenteurer. Es kamen weitere Hände dazu, die ich nicht spielte. Ich versuchte, die Foldquote meiner Starthand auf Bobbys Niveau anzuheben. Aber es ging noch weiter. Nicht viel später hing ich am harten Stoff wie Folds auf dem River mit einer guten Hand.
Kurz danach ging ich nach Vegas. Nach einer Woche in der Wüste fühlte ich mich so, wie sich Charles Darwin auf den Galapagos Inseln gefühlt haben muss – auf einer Reise zu einem einsamen Ort mit einem neuen seltsamen Ökosystem und bizarren Bewohnern. Auf den Las Vegas Inseln entdeckte ich, dass an der Spitze des Poker-Ökosystems die Folder saßen.
Hier sollte ich innehalten und Ihnen sagen, über welche Folds ich schreibe. Ich spreche von Folds, die man oft und mutig und ohne großen Wirbel macht.
Hin und wieder hörte ich in den Partien in Vegas, wie ein Nicht-Folder etwas zu einem Folder über das tighte Spiel sagte, manchmal freundlich, manchmal weniger freundlich. Ich kam nicht darüber hinweg, wie wohl sich die Folder dabei fühlten – bei den Folds und bei den Kommentaren. Sie saßen mit einem Lächeln hinter ihren großen Stacks und foldeten ein weiteres Mal.
Ich dachte mir, gut, ich weiß jetzt, wie es funktioniert. Es war wie ein Club. Der Club der Folder. Was auch immer der Grund war, ich wollte dazugehören.
Nachdem ich auf den Geschmack gekommen war, merkte ich, dass ich mit dem Arbeiten aufhören könnte, wenn ich wirklich gut folden würde. Folden wurde mein Stein der Weisen, meine Herausforderung, mein zu besteigender Berg. Ich sah meinen Weg. Ich schaute auf den Boden vor mir und tat den ersten Schritt.
1990 foldete ich bereits genug, um mein Essen und die Miete zu bezahlen. Das machte den Weg frei zu mehr Folds. Nicht viel später war ich so gut im Folden, dass ich es mir leisten konnte, etwas zu zocken, und dann mehr und mehr zu zocken. Mein Sicherheitsnetz für die Solvenz war immer das Folden. Immer wenn ich wenig Geld hatte, musste ich bloß aufhören zu betten und zu essen und zum Folden zurückkehren.
Schließlich bezwang ich den Zockdämon, den Zigarettendämon, den Tiltdämon und einige andere Dämonen am Rande des Weges. Mein Pfad führte sanft aufwärts zu einem sonnigen Felsvorsprung, an dem ich stoppte, mich niederließ und mich umschaute. In der Ferne konnte ich die Spitze des Berges sehen, aber auch das Tal, das auf mich wartete, sofern ich das Folden vernachlässigen würde.
Heutzutage setze ich in den ersten Händen einer Partie nicht viel. Ich beginne gerne gleich mit dem Folden. Meine ideale Session beginnt mit einem Schluck Kaffee, dann raist jemand und ich folde im Big Blind, dann folgt ein weiterer kleiner Schluck, bevor ich meinen Small Blind folde. Danach nehme ich einen so großen Schluck, wie es die Temperatur des Kaffees erlaubt, setze mich aufrecht hin, um meinen Button zu spielen, atme bewusst ein und aus und folde wahrscheinlich.
Das führt mich zu der Hand, die mich dazu brachte, über das Folden zu schreiben.
Es war eine $80-$160 Limit Hold’em-Partie und meine erste Hand in der Session. Ich saß im Big Blind mit ATo ohne Herz. Ein Spieler limpte, der Small Blind foldete und ich checkte. Wir waren Heads-up.
Der Flop kam AA9 mit zwei Herz.
Ich checkte. Er checkte.
Der Turn war die Herz Acht.
Ich checkte. Er checkte.
Der River war die Herz Sieben, und das Board las sich AA987 mit vier Herz.
Ich checkte. Er bettete. Und ich foldete.
Aufgrund der Geschehnisse ahnte niemand am Tisch, dass ich eine solche Hand hatte. Limp, check – check, check – check, check – check, bet, fold. Hätten meine Gegner eine Schussfolgerung ziehen müssen, was für eine Hand ich hielt, dann würden sie nicht auf eine gute tippen. Sie würden denken, ich hätte dreimal mit einer schlechten Hand nicht geblufft. Daher folde ich, wie ich folde. Ruhig mit unbewegtem Körper, damit niemand weiß, was ich hatte.
Manchmal fühle ich mich wie ein Strippenzieher Wenn ich beispielsweise mit einer dürftigen Hand im Cutoff raise, der Button callt und die Blinds folden, und ich im anschließenden Heads-Up den Flop verfehle, und ich checke und mein Gegner bettet und ich folde. Oder wenn ich vor dem Flop raise, und jemand nach mir reraist, und alle anderen weg sind, und ich calle, und der Flop kommt, und ich checke, und er bettet, und ich folde. So mache ich doppelt Geld. Zum Einen beende ich eine schlechte Situation sofort, zum Anderen halten es die Bluffer dann für korrekt zu bluffen, wenn ich checke, und die Folder für korrekt zu folden, wenn ich bette. Und auf einmal kann ich nicht verlieren. Ich liebe das Folden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.10.2008.