Eine Bet in einer Hold’em-Partie dient in erster Linie dazu, eines von zwei Zielen zu erreichen: Eine bessere Hand aus dem Pot zu treiben (Bluff) oder von einer schlechteren Hand gecallt zu werden (Value). Es gibt noch weitere Effekte einer Bet, die aber über den Rahmen dieses Artikels hinausgehen, wie die Hilfe dabei, einen großen Pot aufzubauen (mit starken Draws), das Wachstum eines Pots zu beschränken (Blocking Bet) oder das Image eines Stils zu kreieren, das später ausgenutzt werden kann (Metagame). Hauptsächlich aber können Bets in einem Heads-Up-Match als Bluff oder für Value angesehen werden. Und die korrekte Einsatzhöhe, um das bestmögliche Ergebnis für Bluffs und Valuebets zu erzielen, hängt stark von den Neigungen des Gegners ab.
In vielen Heads-Up-Matches ist es Standard, jedesmal, wenn eine bestimmte Situation auftritt, eine feste Einsatzhöhe zu wählen, sei es als Preflop-Raise, als Reraise oder als Bet auf Flop oder Turn. Ein Spieler macht also immer Raises und Reraises in Potgröße vor dem Flop und setzt auf dem Flop einen bestimmten Prozentsatz des Pots. Eine standardisierte Einsatzhöhe gibt dem Gegner keine Informationen auf Basis der Größe der Bet preis. Wenn Bluffs und Valuebets ausbalanciert sind, ist das eine brauchbare Taktik gegen einen unbekannten Gegner. Es gibt jedoch Gegner, die unterschiedliche Einsatzhöhen nicht zum Informationsgewinn nutzen, und gegen diese Spieler kann es profitabel sein, die Größe der Bets zu ändern, um den Aspekt des Bluffs oder der Valuebet zu betonen, indem man die Standard-Bet kleiner oder größer macht.
Das ist besonders vorteilhaft, wenn man gegen Spieler pokert, die ein Schlüsselkonzept in Heads-up-Matches nicht korrekt verstehen, nämlich, es ist üblich, dass beide Spieler den Flop verpassen. Es ist selten, dass beide Spieler etwas so starkes wie Top Pair floppen. Einige Gegner, die das nicht realisieren, spielen offensichtlich tighter als sie sollten und folden regelmäßig starke Hände wie Second Pair. Andere missbrauchen den Aspekt, dass man das Board oft verfehlt, als Entschuldigung dafür, mit nichts zu viel zu callen. Die tighteren Spieler und die Calling Stations sollten beide mit anderen Einsatzhöhen und Setzgewohnheiten attackiert werden als mit dem Standardansatz.
Einsatzhöhen postflop gegen tighte und loose Gegner
Ein Gegner, der jede Hand checkt und foldet, in der er weder einen starken Draw noch eine gute fertige Hand floppt, ist sehr verwundbar gegen aggressives Spiel. Selbst wenn der tighte Spieler Öl aufs Feuer gießt, indem er bei guten Flops checkraist, wird er den Flop nicht oft genug treffen, um insgesamt zu gewinnen, solange er keine ungerechtfertigte Action bekommt, wenn er trifft. Das Beste, was man gegen diesen zu tighten Gegner machen kann, sind kleine Bets, wenn er checkt. Gerade groß genug, um ihn zum folden zu bringen. Selbst sehr tighte Gegner werden bei einer Minbet mitgehen, die Hälfte oder gar nur ein Drittel des Pots könnten dagegen genug sein, um Folds zu bewirken. Die kleine Bet lässt den Setzenden das Minimum verlieren, wenn er gecheckraist wird und behält mehr Geld zurück, für den Fall, dass der Setzende einen Draw hat und gecheckraist wird. Wenn beide Spieler starke Hände floppen, kann der Setzende die Chance verpassen, das Maximum zu extrahieren, da weniger Geld im Pot sein wird. Das ist aber ein recht seltenes Vorkommnis. Wesentlich häufiger ist der Fall, in dem der tighte Spieler den Flop verpasst. Die Bluffkomponente macht die Bet so wertvoll. Ein Bluff verlangt nach dem kleinsten Einsatz, der einen Fold bewirkt.
Betrachten wir nun das Gegenstück zum tighten Spieler, die Calling Station, die mit jedem Stückchen des Flops und so schwachen Draws wie Backdoor Flushs oder einer Overcard eine Bet callen wird. Gegen diese Art von Spieler ist es von geringem Wert, pure Bluffs zu machen, dafür besitzen Bets von so schwachen fertigen Händen wie Ass-hoch Value. Hier dominiert die Komponente Valuebet und die beste Einsatzhöhe für eine Valuebet ist das Maximum, das gecallt wird.
Im allgemeinen ist man auf die Größe des Pots beschränkt. Selbst schlechte Spieler neigen nicht dazu, ungewöhnliche Bets zu callen. Wenn sie die Potgröße und eine Overbet sehen, finden sie den Fold-Knopf, was den Möglichkeiten, die Einsatzhöhen zu manipulieren eine praktische Grenze setzt. Preflop sind die Voraussetzungen etwas anders, in erster Linie, weil eine Bet in Potgröße eine krumme Größe besitzt und daher Bets, die größer oder kleiner sind, nicht so sehr aus dem Rahmen fallen wie postflop. (Das gleiche gilt für Raises postflop. Manchmal fallen Postflop-Raises, die größer als der Pot sind, nicht auf.)
Einsatzhöhen vor dem Flop
Es kann verführerisch sein, gegen eine Calling Station übergroße Preflop-Bets vom Button zu machen. Falls der Gegner aber einige Hände foldet, wenn der Raise groß genug wird, dann ist etwas Zurückhaltung gefragt. Ein looser Gegner macht einen großen Fehler, wenn er out of Position mit Schrott callt, und der Button sollte darauf aus sein, immer und immer wieder gegen schlechte Hände zu spielen. Es hat Wert, die Blinds zu stehlen, eine Calling Station aber wird seine Blinds nicht oft genug aufgeben, um einen spekulativen Raise, der größer als der Pot ist, lohnenswert zu machen. Das Ziel besteht darin, einen Raise gerade groß genug zu machen, so dass ein Gegner mit Müll callt. Statt eines Standardraises in Potgröße kann man seine Strategie ändern und mit schwächeren Händen limpen und mit guten Karten hoch raisen. Einem sehr loosen und einigermaßen aggressiven Spieler wird das natürlich auffallen und er wird Limps attackieren. Gegen einen zahmen Gegner ist dieser Plan aber wahrscheinlich anderen Strategien überlegen.
Out of position gegen einen loosen Gegner, der bereits im Pot ist und jeden Reraise callt, muss man die Höhe seiner Reraises nicht auf Potgröße beschränken. Viele Spieler haben Reraises, die größer als der Pot sind, als Standardtaktik für das Spiel out of Position verinnerlicht. Ich denke aber, diese Taktik ist am wertvollsten mit sehr guten Händen gegen schwache Spieler, nicht als Standardplan.
Eine übliche Auswahl an Händen zum Reraisen beinhaltet bestimmte Semibluff-Hände wie Suited Connectors. Diese Art an Händen gewinnt an Wert, da der Gegner manchmal seine Hand auf einen Reraise folden wird. Das ist die Bluffkomponente. Gegen eine Calling Station jedoch verliert ein Reraise sein Bluffpotential. Da der Gegner preflop nie und auf dem Flop selten foldet, sollte man diese Reraise-“Bluffs” am besten weglassen und nur Reraises für Value machen. Da diese Reraises nur für Value sind, beinhaltet das optimale Setzverhalten eine Vergrößerung der Bet bis zu dem Punkt, an dem der Gegner einen Fold in Erwägung zieht.
Gegen einen Gegner, der oft auf Reraises foldet, kommen die entgegengesetzten Überlegungen zum Tragen. Jetzt gewinnt die Bluffkomponente des Reraises an Wert, und das Ziel sollte darin bestehen, die kleinste Einsatzhöhe zu finden, auf die der tighte Gegner folden wird. Reraises, die kleiner als der Pot sind, werden attraktiv.
Die Konzepte in der Praxis
Um ein Beispiel für einige dieser Konzepte in der Praxis zu geben, werde ich ein kürzlich gespieltes Heads-Up-Match beschreiben. Es war gegen einen extrem tighten Gegner, der ungefähr zwei Drittel seiner Hände auf dem Button und ungefähr 70 % seiner Big Blinds foldete. Wenn er sich aber dazu entschloss, im Big Blind zu spielen, dann reraiste er den Pot. Hatte er geraist, callte er auf dem Button alle Preflop-Reraises.
Gegen einen Spieler, der so tight ist und der jeden Reraise callt, ist es offensichtlich richtig, extrem tight aus dem Big Blind zu sein und der Versuchung zu widerstehen, mit Semibluff-Händen zu reraisen. Da mein Gegner in zwei Drittel aller Fälle foldete, hätte ich mich tatsächlich auf AA beschränken können und Profit gemacht.
Der primäre Ort, meine Einsatzhöhen anzupassen, war jedoch im Small Blind.
Gegen diesen Gegner war es besser, preflop auf dem Button mit jeder Hand den Pot zu setzen als zu folden. Das tat ich, realisierte aber nicht, dass Minraises noch besser gewesen wären. Da er die meisten seiner Buttons bei Odds von 3-1 preflop foldete, bin ich mir relativ sicher, er hätte auch seinen Big Blind preflop bei Odds von 3-1 gefoldet. Und mit einem Minraise hätte ich weniger riskiert, wenn ich auf einen seiner häufigen Reraises folden musste, während ich weiterhin den gleichen Gewinn durch meine Bluffs erzielt hätte. So oft wie er foldete, war der Wert der häufigen kleinen Bluffs deutlich höher als der Wert, große Pots in Position mit starken Händen zu spielen. Ich hätte also die Bluffkomponente meiner Hände mehr betonen und die Größe meiner Bets auf das Minimum, das einen Fold bewirkt hätte, beschränken sollen.
Es passiert leicht, dass ein Heads-Up-Spieler auf Autopilot geht, sobald er einen Stil, der ihn gewinnen lässt, entwickelt hat. Gegen bestimmte Gegner ist es aber besser, einige Annahmen zu überdenken, insbesondere diejenigen, die eine standardisierte Einsatzhöhe beinhalten.
Fred Bush
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 06.01.2008.