Hier sind ein paar weitere Notizen, die einigen von Ihnen hilfreich sein könnten.
Obwohl ich spüre, dass das eigene Image wichtig ist, legen viele Spieler, die versuchen gut zu pokern, zu viel Wert darauf. Eines ist sicher: Gegen Spieler, die nicht aufpassen oder darüber nachdenken, wie man agiert, ist das eigene Image egal. Damit das Image einen positiven Einfluss hat, muss ein Gegner zumindest hin und wieder eine Hand anders spielen als üblich, und diese Änderung seines Spiels muss zu Ihren Gunsten sein. Passiert das nicht, dann spielt Ihr Image keine Rolle, da es für Ihre Gegner nicht existent ist.
In niedrigeren Limits, in denen man zahlreiche Gelegenheitsspieler findet, wird das häufig der Fall sein. Viele Ihrer Gegner hier werden sich nur ihrer eigenen Hände bewusst sein. Wenn Sie aber in den Limits aufsteigen, werden Sie mehr Spieler antreffen, die auf andere Dinge am Tisch achten.
Einer der häufigsten Fehler, den mittelmäßige Spieler begehen, besteht darin, die Potgröße nicht in Betracht zu ziehen. Es ist typisch für ihn festzustellen, dass er wahrscheinlich geschlagen ist, und daher zu folden. Das aber kann ein sehr kostspieliger Fehler sein, wenn der Pot groß ist.
Falls Sie beispielsweise denken, Sie haben eine 20%-ige Chance, den Pot zu gewinnen, dann sind Sie 4 zu 1 Außenseiter. Beträgt die Bet $20, während sich $120 im Pot befinden, dann sollten Sie callen. Befinden sich nur $60 im Pot, dann sollten Sie folden. Im ersten Beispiel bekommen Sie Odds von 6 zu 1, im zweiten Beispiel Odds von 3 zu 1. Das macht einen großen Unterschied.
Nach meiner Erfahrung kann man folgende Schlussfolgerung ziehen: Ist man sich auf einer frühen Straße nicht sicher, dann sollte man zum Fold tendieren. Ist man sich auf einer späten Straße unsicher, zu einem Call.
Ein Wort zur Vorsicht. Missbrauchen Sie diesen Gedanken nicht, um am Ende eine Calling Station zu werden. Das Prinzip gilt, wenn Sie sich über die richtige Vorgehensweise unsicher sind.
Wie wir in unserem Buch Hold ’em Poker for Advanced Players aufzeigen, kann es bei Hold’em manchmal korrekt sein, in Late Position oder in den Blinds mit einer Hand wie einem kleinen Paar zu raisen, nachdem mehrere Spieler gelimpt haben. Der Grund dafür besteht darin, dass Sie hoffen, in den Fällen, in denen Sie Glück haben, andere Spieler öfter als üblich zu einem Call auf dem Flop bewegen zu können. Gegen schlechte Spieler gibt es keinen Grund für diesen Spielzug, da diese ohnehin oft callen. Und gegen gute Spieler sollte man nicht raisen, da diese nicht mit so etwas wie einer Overcard zu einem Call auf dem Flop bewegt werden können, nur weil der Pot groß ist. Das führt dazu, dass Sie in einem niedrigen Limit mit vielen Gelegenheitsspielern und in hohen Limits mit vielen Profis von dieser Art Raise absehen sollten. In den Limits dazwischen kann das aber recht lukrativ sein. (Das stimmt insbesondere dann, wenn Sie durch den Raise eine Freecard auf dem Turn nehmen können, da alle anderen automatisch zu Ihnen checken.)
Wenn man versucht, den wahren Wert einer Starthand bei Poker einzuschätzen, dann ist es wichtig, ein gutes Verständnis von den möglichen Einsätzen auf allen Straßen, sowie der Wahrscheinlichkeit zu haben, ob viele oder wenige Spieler um den Pot spielen werden. In Turniersituationen, insbesondere in No Limit-Turnieren können sich diese Parameter völlig von denen eines Ringames unterscheiden. Das liegt daran, dass die Pots selten multiway sind und wahrscheinlich schon vor dem River jemand all-in ist. Eine Hand, die in einem Ringgame wert wäre, gespielt zu werden, könnte in einem Turnier ein Fold sein und umgekehrt. Außerdem kann die richtige Spielweise einer Hand in einem Turnier und in einem Cashgame völlig unterschiedlich sein.
Es gibt einen Unterschied zwischen perfektem und sehr gutem Spiel. Die Person, die sehr gut spielt, sollte sehr viel mehr gewinnen als die Person, die perfekt spielt. Lassen Sie mich das erklären.
Wenn ich von “perfektem Spiel” rede, dann spreche ich von einem Spieler, der immer den korrekten Spielzug macht, ohne weitere Informationen zu berücksichtigen. Er könnte beispielsweise jedesmal mit einem Flush betten und auch in der richtigen Häufigkeit bluffen. Er kann sogar sagen, was er macht, und es gibt keine Möglichkeit, das auszunutzen. Sein Erwartungswert (in dieser Situation) wird immer der gleiche sein, unabhängig davon, welche Strategie man gegen ihn anwendet. Sein perfektes Spiel garantiert ihm einen Vorteil.
Wenn aber jemand sehr gut spielt, dann berücksichtigt er auch gegnerische Neigungen zu zu häufigen Calls oder Folds. Gegen jemanden, der zu oft callt, blufft er nicht, und gegen jemanden, der eine sehr gute Hand für einen Call benötigt, wird er sehr viel häufiger bluffen. Wenn seine Einschätzung richtig ist, wird er langfristig besser abschneiden als der perfekte Spieler. Ist sein Urteil falsch, dann werden seine Ergebnisse schlechter sein.
Aus diesem Grund wechsle ich (wenn möglich) zu perfektem Spiel, wenn es schlecht läuft oder ich vielleicht abgelenkt bin und meine Wahrnehmung getrübt sein könnte. Ich spiele nur dann “sehr gut”, wenn ich genau das tue.
Mason Malmuth
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.04.2008.