Das Spielniveau an den Pokertischen im Montrealer Casino ist grundsätzlich recht hoch. Ob sich an manchen Tagen verwirrtere Charaktere zusammen finden oder ob es der Versuch einzelner ist, durch besonders trickreiche Spielweise die Gegner zu überlisten, kann ich nicht wirklich sagen. Am vergangenen Sonntag, es wurde nur ein einziger Tisch, No-Limit 2/5 (und einige No-Limit 1/2), bespielt, kamen mir jedoch einige wirklich wundersame Dinge unter.
Schon vor über zehn Jahren hat Mike Caro den Begriff „Fancy Play Syndrom“ geprägt. Er bezeichnet damit eine übertrieben verwirrende – oder verwirrte – Spielweise, bei der Täuschungseffekte die kalkulierten Nachteile keinesfalls aufwiegen.
Dass ich persönlich vom Pech verfolgt war, zeigte sich schon kurz nach dem Beginn, als ich mich mit Ax 6x eines Flops von 6x 6x Tx erfreute – und meinen Stack gegen Tx Tx abtreten musste.
Doch nun zu den eher seltsamen Konfrontationen: Mit A K brachte ich ein Raise auf 30. Es fanden sich fünf Caller! Das All-in eines extremen Short-Stacks wurde am Flop von allen gecallt und danach war die Action abgewürgt.
Das Board sah folgendermaßen aus:
4 5 8 10 10
Gegen vier Gegner hatte ich jeglichen Versuch eines Semibluffs unterlassen, hatte auf eine ganze Menge Outs vertraut, die sich aber leider nicht einstellten. Und wer gewann diesen Pot? Ein Boy, der mir gegenüber saß. Und womit? Mit 4 2 ! Damit hatte er preflop das Sechsfache des Big Blinds gecallt.
Ein Short-Stack ging all-in und ich callte mit Ax Qx . Sein Blatt Qx Jx . Das Board brachte ihm nicht einen, sondern zwei Jacks.
Alle passten. Der Button limpte. Small Blind raiste auf 20 und ich brachte ein Reraise auf 50. Wieder hatte ich Ax Kx in der Hand. Während sich der Button verabschiedete blieb mir Small Blind als Gegner. Er schlug mich mit Kx 7x , offsuite.
Und jetzt komme ich endlich zum verrücktesten Spiel des Tages.
Mit K Q saß ich am Big Blind. Limper um Limper zahlte die fünf Dollar. Auch vom Button erfolgte kein Raise. Ich fühlte mich mit meinem Blatt somit ziemlich gut und erhöhte auf 50 Dollar, insbesondere in der Hoffnung, Asse mit schwachem Kicker zu vertreiben.
Es fanden sich vier Caller und ich erlaubte mir die Bemerkung, dass ich mich wunderte, welches Blatt zuerst bloß zum Limpen reicht und gleichzeitig gut genug ist, um dieses Raise zu callen.
Der Flop: K 10 9
Ich war nicht unzufrieden und brachte ein Bet von 150 Dollar. Einer meiner Gegner, in Early Position, raiste ohne zu Zögern auf 400. Fold, Fold und der Button, short-stacked, callte mit seinen verbleibenden 300 Dollar.
Was nun? Ein Raise und ein Call. Einer der Beiden könnte auf ein Herz warten. Doch was hält der Andere in der Hand? Ax Kx , zwei Paare oder gar Qx Jx ? Mir gefiel die Sache nicht und ich zog mich zurück.
Nachdem an diesem Pot nur mehr zwei Spieler beteiligt waren, einer davon all-in, wurden die Karten aufgedeckt. Und was kam zum Vorschein?
Der Spieler in Early Position zeigte A J . Sein Limpen und der darauffolgende Call des Raises eines recht aggressiven Spielers war ja noch korrekt. Doch was hatte der Button zu präsentieren? Man wird es kaum glauben: Ax Ax !
Am Button, nach mehreren Limpern mit Rockets das Blind zu bezahlen, dann erfolgte mein Raise mit drei Callern und noch immer spielte er slow, das ist so ziemlich das Verrückteste, was ich jemals einen Spieler mit diesem Blatt habe anstellen sehen. Dass er diesen Pot verloren hat, sei ihm absolut vergönnt.
Alex Lauzon
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.07.2008.