Vor ein paar Tagen gab Full Tilt bekannt, dass in einem drastischen Schritt das Spielangebot radikal beschnitten wird: Heads-Up Tables, Nosebleed Stakes, Stud, Draw und Mixed-Games wurden kurzerhand gestrichen. Auf PokerListings erschien ein interessanter Kommentar dazu vom kontroversen Schweden-Blogger Ken Lennaárd:
Das System ist kaputt
Das System ist kaputt, Veränderungen waren unvermeidlich und jetzt sind sie da.
Stellt euch ein Business-Modell vor, in dem die nicht zahlenden Nutzer ausgeklügelte Software benutzen dürfen, um die zahlenden Kunden noch schneller abzuschlachten.
Stellt euch vor, dass sie die zahlenden Kunden mit beliebigen Schimpfnamen titulieren dürfen, wobei "Idiot" noch das harmloseste ist.
Stellt euch vor, dass sie für das beschriebene Tun auch noch Discount bekommen.
Wenn man so ein Geschäftsmodell in einer Business School vorschlagen würde, würde man nicht nur eine schlechte Note bekommen, man würde wahrscheinlich rausgeworfen.
Genau so lief aber das Geschäftsmodell der Online-Pokerrooms viele Jahre lang. Sie dachten, sie seien großartig, waren aber in Wirklichkeit nur 'early adopters' in einem neuen Markt mit geliehener Zeit.
Die Zeit ist jetzt vorbei
Die kleineren Netzwerke haben die Veränderungen bereits gemacht: Zum Beispiel Affiliates abzustrafen, die nur Winning-player anschleppen, Änderung der Rake-Struktur, Verstecken von bestimmten Tischen in der Lobby oder Abschaffung von Rakeback.
Sie haben schon viele Dinge probiert, die alle darauf abzielen, die Spielerfahrung für die Freizeitspieler zu verbessern und die Bedingungen für die Pros zu verschärfen. Jede Aktion in diese Richtung war bisher vom Erfolg gekrönt. Jetzt hat auch Full Tilt den nächsten Schritt in die unvermeidliche Zukunft des Online-Poker gemacht.
Die Maßnahmen im Einzelnen
Man kann sich nicht mehr länger einen bestimmten Tisch aussuchen, nur noch das Level. Das ist die beste Maßnahme, die ein Pokerroom ergreifen kann, ich wundere mich, dass noch niemand das vorher gemacht hat.
Es wird genau so sein wie im Live-Casino. Man meldet sich an und wird an den nächsten freien Platz auf einem bestimmten Level gesetzt. Wenn einem das nicht gefällt, kann man um einen anderen Platz bitten oder aufhören. Das wird mehr Action generieren und die Spieler kommen auch wieder zurück.
Erinnert euch an meine Worte, das wird ein solcher Erfolg, dass alle Pokerrooms das früher oder später übernehmen.
Heads-Up-Tische wurden aus dem Programm gestrichen. Bei keiner anderen Form des Poker erfolgte die Wanderung des Geldes vom schlechten hin zum guten Spieler so schnell wie beim Heads-Up. Nirgendwo sonst war die Ökologie so versaut wie in diesem Segment und von der Abschaffung profitieren alle. Naja, fast alle.
Natürlich kommt man sich wie ein absoluter Fisch vor, wenn man eine Lobby betritt, in der hunderte Spieler an Heads-Up-Tischen auf ihr Mittagessen warten. Ich garantiere, dass sich viele Freizeitspieler ausloggen, weil sie in der Lobby keinen vollen Tisch finden sondern nur diese "leeren Inseln". Die Abschaffung war eine kluge Entscheidung.
Limitierung von Multi-Tabling. Die Freizeitspieler geben Geld für Poker als Form der Unterhaltung aus. Es macht keinen Spaß, gegen jemand zu spielen, der gleichzeitig zwölf Tisch offen hat, da man auf jede Entscheidung endlos warten muss.
Hat man zwei Multi-Grinder am Tisch, ist das Ganze schon fast unspielbar. Auch wieder ein guter Zug von Full Tilt.
Man kann immer noch sechs Tische in einer Variante spielen. Faktisch kann man immer noch so viele Tische spielen wie man will, nur eben nicht mehr als sechs auf einem bestimmten Level, hört also auf zu jammern. Das alles wird gut für euch sein, wartet es nur ab.
Virtuelle Timer. Um 'hit-and-run' zu verhindern, wurde ein virtueller Timer eingeführt. Dieser wird Spieler, die in kurzer Zeit zu oft die Tische wechseln, rauswerfen. Man kann sich nicht mehr mit dem Minimum-Buy-In an einen neuen Tisch setzen, nachdem man an einem anderen abgeräumt hat. Endlich.
Es kommt noch mehr. Managing Director Dominic Mansour von Full Tilt sagte, dass weitere Veränderungen folgen werden. Das Verbot von HUDs und diverser Software von Dritttanbietern wird kommen. Soll ich euch sagen, was diese Veränderungen bewirken? Die Zukunft ist da und wieder einmal kann man sie bei Full Tilt sehen.
Online Poker wird all das überleben
Die Veränderungen werden so erfolgreich sein, dass PokerStars, welches dem gleichen Eigentümer gehört, nachziehen wird. Die anderen werden es auch so machen und die Revolution ist da. Poker kann wieder florieren.Wenn Du ein Online-Grinder mit einer 'Battlestation' bist, die aussieht wie das Cockpit eines Raumschiffes, musst Du Dich jetzt darauf einstellen, wieder auf der Erde zu landen. Sonst wirst Du abstürzen.
Ich schlage vor, dass Du echtes Poker lernst. Oder einen anderen Job machst. Ich selbst? Ich bin ekstatisch. Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet. Online-Poker wird nach alledem überleben.
Ich werde eine Einzahlung bei Full Tilt machen - zur Unterstützung und zum Feiern.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.07.2015.