Das Rätsel der Sphinx lautete: Was geht morgens auf vier, am Nachmittag auf zwei und abends auf drei Beinen? Die Antwort war: der Mensch. Sie fragen, was das mit Poker zu tun hat? Nun, zuerst einmal nichts, mit viel Fantasie aber vielleicht doch. Vielleicht macht der Spielstil eines Pokerspielers eine Entwicklung durch. Das, was man zu Beginn braucht, um erfolgreich zu sein, muss nicht das gleiche sein, um in Partien in höheren Limits gegen andere, erfahrene Spieler Erfolg zu haben.
Als völliger Anfänger spielt man viel zu loose und stellt sicher, dass man nicht gewinnen kann. Außerdem raist man töricht, callt aber regelmäßig, wenn man raisen sollte. Kaum nötig zu erwähnen, dass man in vielen Händen zu oft callt mit zu kleinen Chancen, den Pot zu gewinnen. Ohne zu lesen und zu studieren hat man nur sehr geringe Aussichten, zu einem Gewinner zu werden. Es dauert etwas, bevor man realisiert, es gehört mehr zum pokern als darauf zu hoffen, Glück zu haben und Karten zu treffen. Poker ist leicht zu spielen, es ist aber nicht leicht, gut zu pokern. In diesem Stadium beginnen manche Spieler zu verstehen, tightes Spiel bringt Geld in den kleinen Partien, in denen sie sich bewegen. Damit gewinnt man nicht unbedingt viel, es erzeugt aber positive Ergebnisse, die eine willkommene Abwechslung vom vorherigen Status darstellen. Von hier aus wechselt man in das nächste Stadium.
Dieses Stadium in der Entwicklung eines Spielers ist das tighte Stadium. Die meisten der Pokerspieler, die später Gewinner werden, durchlaufen dieses Stadium. Das Problem ist, man spielt oft zu tight und hat wenig Fantasie. Gut ist allerdings, man gewinnt öfter, bloß weil man tight ist und die Gegner schlecht spielen. Möglicherweise wird einem auch durch die Struktur mit kleinen Antes und Blinds in kleinen Partien geholfen, und nach einer Weile der Höhen und Tiefen findet der tighte Spieler heraus, wie man mit klugen Manövern seine Gewinne erhöhen kann. Man experimentiert ein wenig und stellt fest, dass es Spaß macht, spekulativ zu raisen und zu bluffen, und sieht seine Gewinne wachsen. Von hier aus geht es ins nächste Entwicklungsstadium.
Dies ist das fortgeschrittene Stadium in der Karriere eines Pokerspielers. Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Man gewinnt öfter und bekommt das, was man für das richtige Gefühl für die Partie hält. Man macht ausgezeichnete Spielzüge, weil man durch die Fähigkeit, Hände zu lesen, marginale Hände pusht und am Ende fantastische Calls macht. So macht Poker Spaß. Man ist aber kein tighter Spieler mehr. Alle Hände sehen so aus, als ob sie Wert besäßen und es leicht ist, durch geschickte Manipulation den Pot zu gewinnen. Man beginnt zu glauben, man könne schlechte Hände profitabel spielen, obwohl man es in Wirklichkeit nicht kann. Man hat zur gleichen Zeit einen großen Schritt zurück und einen großen Sprung vorwärts gemacht. Der notwendige tighte Stil ist fort und ein neuer fantasievoller Stil geboren. Man wird loose-aggressive. Unglücklicherweise kann man all sein Geld verlieren und sich nie wieder davon erholen, wenn man zu loose wird. Für diejenigen aber, die auf der Leiter weiter nach oben steigen, ist das der letzte Schritt vor dem letzten Stadium.
Wenn man schließlich den Weg aus dem Irrgarten findet, ist man mit den Waffen, die einen Experten ausmachen, ausgestattet. Dieses letzte Stadium umfasst das tighte Spiel, das bei Poker ein Muss ist, und die Fantasie, Pots ohne die beste Hand zu gewinnen. Man ist tight und aggressiv geworden. Semibluffs, Bluffs, Raises, um die beste Hand (und manchmal zweitbeste Hand) aus dem Pot zu treiben und am Showdown gegen eine schlechtere Hand übrig zu bleiben, und gute Calls am Ende sind einige der Dinge, die vorher fehlten oder inkorrekt ausgeführt wurden. Der Experte gewinnt viel Geld und genießt eine Reputation als ausgezeichneter Spieler. Ob er das Geld behält, hängt von seiner Fähigkeit ab, gute Partien im Rahmen seiner Bankroll zu finden.
Lassen Sie sich vom vorherigen Absatz nicht täuschen. Es verlangt viel Arbeit, dieses Niveau zu erreichen, und nur eine kleine Zahl der Spieler schafft das.
Dies ist meine Interpretation, wie die meisten Experten auf der Leiter der Fähigkeiten und Fertigkeiten aufsteigen. Von diesem Punkt an muss man die Selbstbeherrschung lernen, um zu wissen, wann man schlecht spielt und aufhören sollte, und einschätzen zu können, ob man von den Gegnern ausgespielt wird. Diejenigen, die das meiste aus ihrer Zeit am Tisch machen, findet man in guten Partien, in denen sie auf dem Gipfel ihrer Fähigkeiten agieren und langfristig sehr erfolgreich sind. Sie spielen nicht, wenn sie müde oder aufgeregt sind, beschränken ihre Spieldauer, damit die Konzentration nicht nachlässt, und verlassen die Partie, wenn sie einen schlechten Tag haben, aber nicht wissen, weshalb. Dies sind einige der Schlüssel zum langfristigen Erfolg. Wenn all dies auf eine Person zutrifft, dann ist sie ein Experte.
Das obige trifft auf praktisch alle Pokerarten zu. Man wird nicht über Nacht ein ausgezeichneter Spieler. Es ist wahr, einige Leute besitzen ein großes Maß an natürlichen Fähigkeiten, aber selbst sie müssen an ihrem Spiel arbeiten. Andererseits können diejenigen, die nicht so große natürliche Fähigkeiten besitzen, trotzdem durch Erfahrung und viel harte Arbeit sehr gute und erfolgreiche Spieler werden.
Ray Zee
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.12.2007.