Er ist der Main-Event-Gewinner mit dem größten Preisgeld aller Zeiten, doch bis heute hat es Jamie Gold nicht geschafft, in Pokerkreisen beliebt und anerkannt zu werden. Entweder muss der Mann aus Malibu als Hassfigur herhalten oder er wird zumindest als Witzfigur wahrgenommen. Das hat seine Gründe, wie auch Golds neuester Beitrag in den Mercury News zeigt.
Den Text mit dem Titel „Die Poker-Diät ist Hirnnahrung, um beim Poker zu gewinnen“ geben wir hier unkommentiert in deutscher Übersetzung wieder.
Nach intensivem fünfjährigem Pokertraining fehlte mir immer noch etwas. Neun Monate vor meinem ersten Main Event im Jahr 2006 begann ich deshalb mit dem, was ich als „Poker-Diät“ bezeichne.
Unglaublich, wie diese meine Konzentration enorm verbesserte. Ich überzeugte mich davon, dass ich gewinnen würde, träumte täglich davon und dann ging es los.
Meine Schlüsselhand ereignete sich am ersten Tag. Hätte ich sie verloren, wäre ich ausgeschieden. Ich hatte mich zurück gekämpft (Nur noch 3.000 Chips zum Dinner Break) und hatte wieder 50.000, als das letzte Level des Tages begann. Ich wurde an einen anderen Tisch gesetzt, an dem mit mir drei Spieler mit ähnlichen Stacks saßen. Wir befanden uns unter den Chipleadern, und unter diesen ist es normal, dass man sich möglichst aus dem Weg geht, um Tag 2 zu erreichen.
Bei Blinds von 200/400 plus 50 Ante bekam ich auf dem Button 3 3 . Einer der Führenden, der Spieler auf Platz 3, raiste auf 1.500. Der andere große Stack auf Platz 7 brachte einen Minimum-Reraise auf 3.000. Ich callte wie der ursprüngliche Raiser, und so fanden sich die drei Führenden plötzlich in einem großen Pot wieder, an dem sie eigentlich gar nicht interessiert waren.
Hier mein Gedankengang: Der ursprüngliche Raiser hatte eine Premium-Hand – Zehnen oder besser, vielleicht auch AK oder AQ. Hätten alle Gegner gefoldet, hätte ich auch gefoldet. Aber dann kam der Minimum-Raise (merkwürdiger Spielzug) und ich setzte diesen Spieler direkt auf Asse. Wäre ich von einem Reraise oder Fold des ursprünglichen Raisers ausgegangen, hätte ich gefoldet, doch spürte ich, dass er nur callen würde. Calle ich und werde nicht gereraist, habe ich Position und kann bei einem Treffer verdoppeln oder verdreifachen, so mein Gedankengang. Treffe ich nichts, kann ich problemlos folden.
Auf dem Flop kamen K Q 3 und ich hatte ein Set. Platz 3 checkte, Platz 5 setzte 5.000 und ich raiste auf 15.000. Platz 3 callte und Platz foldete.
Der Call von Platz 3 machte mir Kummer. Angesichts der Situation traute ich ihm keinen Bluff zu, daher setzte ich ihn auf A K oder A J .
Auf dem Turn kam die 10 und der Spieler auf Platz 3 ging sofort All-In.
Das fühlte sich wie ein Schlag in die Magengrube an. Natürlich hatte er eine Straight oder einen Flush, vielleicht (allerdings unwahrscheinlicher) auch ein Set Könige oder Damen. Ich musste folden. Ich hatte mit ungefähr 32.000 noch einen guten Stack. Klarer Fold.Aus irgendeinem Grund konnte ich meine Hand aber nicht aufgeben.
Klarer Fold. Folde einfach.
Ich konnte nicht. Ich schaute mir meinen Gegner an, etwas stimmte nicht. Ich dachte etwa acht Minuten nach, eine lange Zeit. Um uns scharte sich eine Spielertraube und der Druck war greifbar. Callte ich und mein Verdacht war falsch – oder ich lag richtig und hatte Pech – war Finito. Vielleicht lag ich vorn. Doch wenn er ein Karo hatte, gaben ihm die neun übrigen Karo und die vier Karten zur Straight eine Siegchance von 35 Prozent (sic!).
Folde einfach!
Ich war hochkonzentriert, hörte nichts um mich herum und schaute ihn an, um eine klarere Antwort zu bekommen. Der Spieler auf Platz 3 wurde nervös und benahm sich, wie sich nur Bluffer benehmen. Er bat den Floorman, mich anzuzählen, doch das geschah so dämlich, dass ich voller Selbstvertrauen sagte: „Das ist nicht nötig. Ich calle!“
Verärgert drehte er Ax Qx um. Ich hatte richtig gelegen, und als der River die 4 und keinen Buben brachte, war ich für Tag 2 qualifiziert und gewann später das ganze Turnier.
Soweit also Jamie Gold über eine Hand, die seinen Sieg beim Main Event wesentlich begünstigte. Leider löst er jedoch nicht auf, worin die „Poker-Diät“ besteht.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 28.07.2012.