Bei No-Limit Hold’em wende ich gern eine Setzfolge an, bei der ich auf eine Underbet eine Overbet folgen lasse. Erst bringe ich also die Underbet und kurz danach eine Overbet. Danach ist es vorbei. Jedenfalls für mich.
Und so funktioniert das Ganze. Auf dem Flop setze ich das Minimum und auf dem Turn setze ich mehr als Potgröße. Bislang habe ich diese Spielweise etwa 15 Mal angewendet. Die ersten Male geschah es spontan als Folge einer Reihe von Experimenten, die ich mit niedrigen Bets ausprobierte. Anschließend wendete ich sie mit Absicht an, da ich mir Gedanken darüber gemacht hatte.
Ich entdeckte eine Situation, in der diese Spielweise zuverlässig, spaßig und profitabel ist. Außerdem ist es eine nette Art, dem anderen mitzuteilen, „Ich bin nicht Du“.
Ist der Pot ungeraist und auf dem Flop kommen drei Karten in unterschiedlicher Farbe, die weit auseinander liegen wie Kx 8x 3x , Qx 7x 2x oder Jx 4x 4x – mit anderen Worten gibt es also keine Flush- oder Straight Draws – ist es sehr wahrscheinlich, dass ich diese Setzfolge zur Anwendung bringe.
Bei den meisten Partien mit Blinds von 5$/10$ ist die Hauptwährung der 10$-Chip und der nächsthöhere ist der 100$-Chip. Diese Verteilung ist für meine Setzfolge ideal, um sie mit Anmut auszuführen. Das heißt aber nicht, dass man nicht in jeder anderen Partie, ob Internet-Cashgame, Live-Turnier oder Live-Cashgame genauso spielen kann. Es geht. In der beschriebenen Partie ist es nur einfach so, dass man das ganze Manöver mit genau zwei Chips ausführen kann.
So funktioniert es. Im Pot sind 30 bis 70 $ und nur Limper. Auf dem Flop habe ich kein Paar und keinen Draw. Ich setze einen 10-$-Chip.
Raist ein Gegner, folde ich und ich muss mir für die nächsten Hände eine andere List ausdenken.
Falls einer callt…
- wobei es durchaus geschieht, dass alle folden, wenn ich 10 $ in einen Pot mit 50 $ setze -
falls also jemand callt, spüre ich häufig, ob er callt, weil meine Bet so niedrig und albern war oder weil er etwas hat. Manchmal will jemand schon folden, weil er ein niedriges Paar oder Ass hoch hat, ehe wegen der extrem niedrigen Bet doch callt. In anderen Fällen habe ich den Verdacht, dass jemand nur callt, um sich die Option zu bewahren, den Pot auf dem Turn zu stehlen. Und dann gibt es die Fälle, in denen ich weiß, dass der andere etwas hat – vielleicht Top Pair, Second Pair oder versteckte Asse – weil er sich entsprechend verhält.
In allen genannten Fällen suche ich die Antwort auf eine Frage: Wird er nach einer Bet über 100 $ auf dem Turn vermutlich folden? In der Regel lautet die Antwort „Ja“ und deshalb bringe ich, kaum dass die Turn-Karte auf dem Tisch liegt, eine Bet über 100 $. Manchmal schmeiße ich den Chip, manchmal lege ich ihn hinein und manchmal schnippe ich ihn einige Zentimeter über die Setzlinie, nachdem ich ihn unter meiner Handfläche verborgen hielt.
Ich erkunde gerne exotische Setzinseln. Ich weiß nie, was mich dort erwartet. Manchmal treffe ich auf karge Ödnis und manchmal auf eine reiche Landschaft. Profitabel wird die Sache, wenn ich mit der Beschaffenheit einer neuen Insel eins geworden bin und herausgefunden habe, wo die besten Plätze sind. Dann locke ich meine Gegner in ein scheinbar friedliches Gebiet, während ich den Hinterhalt schon plane!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 08.03.2012.