Eine weitere Hand aus der bunten Welt des Internetpoker wollten wir diese Woche unseren Lesern präsentieren, und diesen wie immer die Entscheidung in der kritischen Situation überlassen. Gespielt wird auch dieses Mal No-Limit Hold’em mit Blinds von 1 $/2 $ und unser Protagonist (Stack: 200 $) befindet sich mit A J im Cut-Off.
Alle Spieler vor ihm folden und er bringt einen Standard-Raise auf 6 $. Button und Small Blind folden, aber der Big Blind (Stack: 216 $) callt. Von diesem Spieler liegen nur 287 Hände vor, entsprechend wenig aussagekräftig sind seine Werte: 17/11 bei einem AF von 4,33. Auch seine Blind-Defense-Werte von 0 Prozent 3-Bet-Quote und 58 Prozent Calls im Big Blind gegen Steal-Raise sagen bei diesem Stichprobenumfang wenig aus, sind aber zumindest auffällig. Im Pot sind damit 13 $.
Der Flop bringt A A 6 und der Big Blind checkt. Natürlich hat der Protagonist perfekt getroffen, aber es stellt sich die Frage, wie er mit seinen Trips überhaupt Geld gewinnen kann. In der Hoffnung, dass der Big Blind vielleicht einen Angriff starten wird, checkt er ebenfalls, auch wenn der Verzicht auf die Continuation Bet ziemlich verdächtig wirken kann. Im Pot sind weiterhin 13 $.
Der Turn bringt die 9 und wie erhofft setzt der Big Blind 5 $. Da ein Raise nur wenig bringt, weil nur sehr wenige schlechtere Hände callen können, callt der Protagonist. Im Pot sind somit 23 $.
Dies ist übrigens eine klassische Way ahead/way behind-Situation, d.h. der Protagonist liegt entweder fast uneinholbar vorne oder es trifft gegen Hände wie 6x 6x , 9x 9x bzw. Ax 9x , Ax Qx und Ax Kx das Gegenteil zu.
Der River bringt mit dem J die Traumkarte für den Protagonisten. Sein Gegner setzt 15 $ in den Pot mit 23 $. Was soll der Protagonist tun? Ein Fold und ein Call scheidet mit den Nuts natürlich aus, aber wie hoch soll der Raise ausfallen? Auf 45 $, auf 70 $ oder gar All-In?
Eure Vorschläge gebt ihr bitte wie immer via Kommentarfunktion ab. Vielen Dank im Voraus für Eure Beteiligung, die Auflösung gibt es am kommenden Donnerstag.
Auch heute wieder vielen Dank für die rege Beteiligung und die vielen Vorschläge. Die Hand illustriert ab dem Flop die Probleme, die sich bei einer Way ahead/way behind-Situation ergeben. Wie soll man Geld gewinnen, wenn das Board dem Gegner kaum Möglichkeiten für einen Treffer bietet und man bei einer Bet fast immer einen Fold erntet? Gleichzeitig können Trips gefährliche Hände sein, denn die Qualität der eigenen Hand sinkt beträchtlich, wenn man nur eine der Hole Cards verwendet.
Den Flop kann man auch betten, doch der Protagonist checkt Top Pair, Top Kicker und Trips häufig behind, um sein Spiel in Position mit Continuation Bets bzw. Checks ausgewogen zu gestalten. Oft verleitet eine solche Spielweise die aggressiven Gegner auf diesen Limits dazu, den Turn mit einer Donk Bet anzugreifen, wodurch in einer Situation, die selten Value bietet, zumindest noch ein wenig aufs Konto kommt. Meist verläuft die Action dann so, dass der Gegner auf dem Turn setzt und nach einem Call den River checkfoldet.
Interessant wird es in dieser konkreten Hand auf dem River, denn im Unterschied zum eben skizzierten Fall scheint der Gegner dieses Mal etwas zu haben, da er erneut setzt. Mit den Nuts könnte der Protagonist nun auf 45 $ oder 60 $ raisen, um auf jeden Fall gecallt zu werden. Vermutlich kann man davon ausgehen, dass der Big Blind mit jeder Hand, die Showdown-Value hat, also allen schlechteren Assen callt, alle Paare foldet und mit jedem Full House reraist, wonach es zum All-In callt.
Die Fälle, in denen der Gegner nach einem Raise foldet und in denen es mit zwei Full Houses zum All-In kommt, sind uninteressant für die Entscheidung des Protagonisten, da sie nicht von seiner Raise-Höhe abhängen. Bleiben also die Fälle mit dem schlechteren Ass und die entscheidende Frage lautet, wie oft der Big Blind ein All-In callen muss, damit dieses profitabler ist als ein Raise.
Nehmen wir einen Raise auf 60 $ und gehen davon aus, dass der Big Blind diesen immer callt. In zehn Fällen macht das einen Gewinn von 450 $, denn der Big Blind bezahlt immer den Betrag von 45 $. Geht der Protagonist aber mit 189 $ All-In, muss der Big Blind noch 174 $ bezahlen. Dies muss er also nur in drei von zehn Fällen tun, damit diese Spielweise profitabler ist – keine aussichtslose Sache, wenn man bedenkt, wie bluffy dieses All-In ist.
In der konkreten Hand ging der Protagonist tatsächlich All-In und sein Gegner callte nach gewissem Zögern mit Ax Qx . Der Pot mit 401 $ ging an den Protagonisten. Ein profitabler Suckout und ein All-In, das unabhängig von dieser konkreten Konstellation auf jeden Fall zu empfehlen ist.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.02.2011.