Viele meiner Fans kommen auf mich zu und bekennen, dass ihnen meine Metaphern gefallen. Sie sagen, „Scotty, du hast immer eine Geschichte auf Lager, die etwas mit unserem Spiel zu tun hat.“ Für einige Menschen sind Metaphern eine gute Lernmethode und auch ich erziehe meine heranwachsenden Kinder in dieser Weise.
Letztens sprach mich ein junger Spieler an und fragte mich nach meiner Lieblingsmetapher beim Poker. Meine Lieblingsmetapher hängt mit einer Frage zusammen, die ich in Interviews ständig gestellt bekomme. „Glauben Sie, dass Sie das Main Event der WSOP noch einmal gewinnen können?“ In der Regel gebe ich immer die gleiche Antwort: „Das Gewinnen von Pokerturnieren betrachte ich als mein persönliches Schatzkästlein. Ich kann das Schatzkästlein direkt vor mir erkennen und ich habe den Schlüssel dafür, aber ich muss diesen ins Schlüsselloch stecken.“ Jeder Spieler hat den richtigen Schlüssel zum Gewinn von Pokerturnieren – er muss nur dafür sorgen, dass er passt.
Für mich ist die Bedeutung dieser Metapher, dass alle Pokerspieler permanent daran arbeiten können, ihr Spiel zu verbessern. Ich spiele seit mehr als 20 Jahren Poker und nehme Jahr für Jahr an Turnieren teil, Baby. Dabei bin ich immer auf der Jagd. Einer der Hauptgründe, warum ich immer wieder mitspiele, besteht darin, dass ich nie den selben Schlüssel in der Tasche hatte und versuchte, diesen immer wieder zu benutzen, um das gleiche Schatzkästlein zu öffnen. Passt der Schlüssel in einem Turnier nicht, gehe ich nach Hause und arbeite daran herauszufinden, was ich verkehrt gemacht habe. Welche Spielfehler beging ich? Wie schaffe ich es, dass der Schlüssel beim nächsten Mal passt?
Poker ist mehr als nur die ausgeteilten Karten zu spielen. Poker ist sogar mehr als die gegnerischen Karten zu spielen. Beim Poker geht es darum, öfter als jeder andere die richtige Entscheidung zu treffen. Auf ein Turnier bezogen heißt dies, dass der Spieler, der weniger Fehler als alle anderen beging, am Ende das Preisgeld mit nach Hause nimmt. Diese Entscheidungen können spielstrategischer, aber auch psychologischer Natur sein. Manchmal passt Ihr Schlüssel aufgrund eines aus strategischer Hinsicht miserablen Spielzugs nicht. Manchmal passt er nicht, weil Sie in einem wichtigen Moment die Nerven verlieren. Aus beiden Gründen bin ich schon viele Male aus Turnieren ausgeschieden und diese Erkenntnis versetzt mich in die Lage, zu analysieren, zu lernen und besser zu werden, damit ich beim nächsten Mal noch stärker bin, wenn ich mich an den Tisch setze.
Kürzlich nahm ich an einem Turnier der WPT teil und traf eine miserable Entscheidung. Ich schätzte eine Situation falsch ein und verschenkte in einem turnierentscheidenden, großen Pot meine Chips. Bei Blinds von 8.000/16.000 und einem Ante von 2.000 raiste ich in erster Position auf 70.000 und ein Spieler in mittlerer Position callte. Auf dem Flop kamen Q 10 3 und ich checkte. Mein Gegner setzte 100.000 und ich callte.
Auf dem Turn kam die 8 , ich checkte wieder und mein Gegner setzte 250.000. Ich entschloss mich zu einem Check-Raise auf 650.000, worauf mein Gegner mit etwas mehr als einer Million All-In ging und ich mit K J und einem Open-ended Straight Draw callte. Mein Gegner drehte mit 10 10 ein Set Zehnen um, der River brachte eine Blank und ich hatte mehr als die Hälfte meiner Chips verpulvert.
Mein Fehler bestand darin, dass ich auf dem Turn nicht auf den Stack meines Gegners geachtet und geglaubt hatte, er wolle den Pot mit nichts stehlen. Durch meine Fehleinschätzung brachte ich mein Turnier in Gefahr, indem ich einen Check-Raise brachte, der mich dazu zwang, sein All-In zu callen. Nach der Hand hatte ich nur noch knapp 600.000 Chips und war somit bei 18 verbliebenen Spielern der Short Stack. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich also schon einen strategischen Fehler begangen und es wäre ein Leichtes gewesen, meinen Schlüssel ohne Anpassung in die Hosentasche zu stecken und dadurch einen psychologischen Fehler zu riskieren, der sich in den nächsten Händen verheerend hätte auswirken können. In der Vergangenheit habe ich mich durch Fehler oft unterkriegen lassen und dies hätte dazu führen können, dass ich direkt danach ausgeschieden wäre. Doch ich schaute in mein Inneres und beschloss, den Schlüssel neu zu bearbeiten, damit er passt. Ich spielte mit dem Short Stack recht geduldig, beging keine weiteren Fehler mehr und schaffte es als Zweiter im Chipcount an den Finaltisch.
Ich spiele seit mehr als zwanzig Jahren Poker und habe dabei stets dazu gelernt. Die Sekunde, in der Sie glauben, Sie hielten den Schlüssel in Händen, um jedes Turnier zu gewinnen, ist die Sekunde, in der Sie nie einen Finaltisch erreichen oder ein hohes Preisgeld gewinnen. Sie müssen herausfinden, was Sie richtig machen und dies in diesen metaphorischen Schlüssel ritzen. Sie müssen herausfinden, was Sie falsch machen und dies wegätzen. Haben Sie solange an Ihrem Schlüssel gearbeitet, dass er das Schatzkästlein öffnen kann, nehmen Sie das Geld mit nach Hause, Baby! Dann wachen Sie am nächsten Tag auf und beginnen, den Schlüssel für das nächste Turnier zu bearbeiten. Dann, und nur dann, werden Sie ein vollkommener Pokerspieler werden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 09.01.2010.