Wie schon angekündigt, hat Howard Lederer sein Schweigen, das seit dem Black Friday nun schon 18 Monate andauert, gebrochen. Gegenüber pokernews.com gab er ein Interview, das insgesamt sieben Stunden gedauert hat. PokerNews.com veröffentlicht das Gespräch nun in halbstündigen Happen.
Das Interview
Howard Lederer sitzt während des Interviews, das Matthew Parvis von PokerNews führt, in einem gestreiften Hemd in zusammengesunkener Haltung und spricht mit gedämpfter Stimme. Er macht einen recht geknickten Eindruck, was ja auch logisch ist.
Immerhin ist Lederer – zusammen mit Ray Bitar und Chris Ferguson – im letzten Jahr zur absoluten Hassfigur der Pokercommunity geworden und kann sich nicht mehr an einen Live-Pokertisch setzen ohne um seine Sicherheit zu fürchten. Im ersten Teil des Interviews geht es um die Anfänge von Full Tilt, im zweiten Teil geht es um den UIGEA, Segregated Accounts und Retirement.
UIGEA und Payment Processing
Vor allem das problematische Payment Processing, das dem Unternehmen Full Tilt von den US-Behörden angelastet wird, ist Thema des Gesprächs. Nach dem Inkrafttreten des UIGEA im Jahr 2006 waren den US-Banken Transaktionen im Zusammenhang mit Online-Gambling verboten. PokerStars und Full Tilt haben deswegen die Banktransaktionen der US-Spieler bewusst verschleiert.
Laut Howard Lederer waren diese Praktiken nicht Teil seiner täglichen Aufgaben. Dass es 2006 eine Änderung gab, habe er gewusst und er habe davon gehört. Ob und wie die payment processors überprüft wurden, habe er nicht gewusst. Überhaupt kommt der Satz “I don’t know” auffällig oft in dem Interview vor.
Die Finanzen von Full Tilt
Über die fehlende Trennung von Firmenvermögen und Spielergeldern äußert sich Lederer ebenfalls erwartungsgemäß vage. Der Interviewer erwähnt, dass Ray Bitar noch im Jahr 2008 ein Schreiben abgesegnet habe, in dem klar bestätigt wurde, dass die Spielergelder auf einem separaten Konto seien, das von dem Unternehmen nicht anderweitig genutzt werden könne.
Das Schreiben komme Lederer “seltsam” vor und im Jahr 2008 sei diese Email bestimmt auch richtig gewesen. Er habe dazu auch nie ein Dokument innerhalb der Firma gesehen, das Antwort auf die Frage gab, ob ausreichend Geld vorhanden sei, die Schulden bei den Spielern zahlen zu können.
Tatsächlich hat das Geld nicht zuletzt wegen der übertrieben privaten Entnahmen von Lederer in Millionenhöhe nicht im Ansatz gereicht, die Spieler zu bezahlen und die Spielergelder waren im Gegensatz zum Konkurrent PokerStars eben nicht vom Firmenvermögen getrennt.
Der Lizenzentzug im Jahr 2011
Das war auch einer der Gründe, warum die Alderney Gambling Control Commission (AGCC) dem Unternehmen Mitte 2011 die Lizenz entzogen hatte. Lederer konnte dazu nur sagen, dass er zu keiner Zeit mit einem der Regulatoren gesprochen habe. Hierzu erübrigt sich wohl jeder Kommentar.
Der Interviewer spricht auch an, dass Ray Bitar eine interne Mail geschrieben hatte, in der der Satz stand: “Die Gelder unserer Kunden sind immer in Gefahr, wir benehmen uns zwar wie eine Bank, sind aber keine”. Lederer sagt dazu, dass Bitar damit wohl nicht die mangelnde Finanzdecke gemeint habe, sondern die allgemeine Gefahr, dass die Behörden das Unternehmen dicht machen. Wieder eine ausweichende Antwort.
Das Interview kann bei pokernews.com aufgerufen werden, allerdings muss man sich dort erst registrieren. Freundlicherweise hat der User “2Sexy2Sexy” auf YouTube schon die ersten beiden Teile des Videos hochgeladen und wir veröffentlichen sie hier.
Film ab!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.09.2012.