Chris Ferguson wurde Vierter beim $10k-6-Max-Championship. Das allein ist eigentlich kaum etwas besonderes – insbesondere bei einem Spieler, der bereits fünf Bracelets und mehr als 8,5 Millionen Dollar bei Turnieren gewonnen hat. Aber da es sich hier um Chris Ferguson handelt, war dann irgendwie doch alles ganz besonders.
Im Jahr 2011 wurde Full Tilt von den US-Behörden wegen Geldwäsche und Bankbetrug verklagt und Chris Ferguson, einer der Gründer, Eigentümer und Designer von Full Tilt verschwand von der Bildfläche.
Gegen Ferguson selbst wurde auf föderale Ebene keine Klage erhoben, in einem Zivilverfahren jedoch wurde er vor einem New Yorker Gericht angeklagt.
Full Tilt hatte kein Geld mehr, um die Einlagen der Spieler auszuzahlen, hatte jedoch den Vorstandsmitgliedern und Eigentümern seit 2007 mehr als 440 Millionen Dollar Gewinnbeteiligung ausgezahlt. Ferguson, der von Full Tilt mindestens 25 Millionen Dollar erhielt, einigte sich in diesem Verfahren mit den Behörden auf die Zahlung einer Strafe in Höhe von 2,35 Millionen Dollar.
Ferguson erklärte im Rahmen dieser Einigung, dass er sich keiner Schuld bewusst sei und dass er keinerlei Kenntnis von illegalen Vorkommnissen bei Full Tilt hatte. Fergusons erklärte ferner, die Probleme bei Full Tilt wären auf fehlerhaftes Management und nicht auf böse Absicht zurückzuführen.
Ferguson und Lederer kommen zurück
Fünf Jahre nach dem Schwarzen Freitag kehrten Ferguson und Howard Lederer zur WSOP zurück. Letzterer war der Präsident von Tiltware LLC, der Muttergesellschaft von Full Tilt.
Lederers Rückkehr war erwartet worden, nachdem er sich öffentlich über den Blog Daniel Negreanus für das Full-Tilt-Desaster entschuldigte, doch Ferguson hatte sich niemals öffentlich zu den Schwarzen Freitag geäußert.
Das ist einer der Gründe, warum das Finale des $10k-6-Max-Championship so viele Spieler anzog. Ferguson hatte eine kleine Gruppe von Anhängern, die jeden gewonnenen Pot bejubelten, andere jedoch buhten ihn aus.
Mike Sexton erklärte, die Leute würden ein besseres Bild von Ferguson haben, wenn sie nur seine Seite der Geschichte hörten. Negreanu brachte es jedoch auf diesen Punkt: „Jeder, der zumindest ein wenig Anstand hat, hätte es zumindest in sich, irgendeine Form einer Entschuldigung hervorzubringen.“
Fergusons Schweigen empörte viele.
Neben den Buhrufen posteten viele Leute auch böse oder bedrohende Kommentare auf sozialen Netzwerken .
Ferguson über Entschuldigungen: „Wovon redest du?“
Ein Sicherheitsmann am Finaltisch des Turniers erklärte, er sei sich der Drohungen bewusst und man würde die Sicherheit erhöhen, sollte Ferguson unter die Top-Drei kommen.
Als die sechs Finalisten in die Dinner-Pause gingen, versuchten wir von PokerListings Ferguson einen Kommentar zu entlocken.
„Ich bin mit Spielen beschäftigt,“ sagte Ferguson.
Auf die erhöhte Sicherheit angesprochen erklärte Ferguson: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das stimmt. Das ist verrückt.“
Auf die Frage, ob er vorhabe, sich bei der Pokergemeinschaft zu entschuldigen, erwiderte Ferguson: „Wovon sprichst du? Kein Kommentar.“
Ferguson mag sich wünschen, dass die Dinge noch so sind, wie sie vor 2011 waren, doch in den letzten fünf Jahren hat sich sehr viel verändert. Selbst Final-Tables sind inzwischen anders.
Auf der Höhe der Zeit bleiben
Ferguson hatte keine Ahnung, dass die Karten am Finaltisch RFID-Chips haben und musste sich das erst vom Dealer erklären lassen.
Das letzte Finale, welches Ferguson bei der WSOP erreichte, war im Jahr 2008 – lange bevor die WSOP mit Live-Streams anfing. Die Streams zeigen die Karten mit einer Verzögerung von 30 Minuten und irgendwann fragte Ferguson, ob er seine Freunde fragen können, was seine Mitspieler für Karten hatten. Nachdem man ihm erklärte, dass dies ginge, beratschlagte sich Ferguson prompt mit seiner Rail.
Auch wenn sich die Technologie verändert hat, der Unmut der Leute über den Full-Tilt-Skandal ist ungebrochen.
Irgendwann stellte Ferguson fest, dass Nick Petrangelo aufgrund eines Fehlers des Croupiers etwas zu viele Chips bekommen hatte. Ferguson rief wiederholt nach dem Floor, fragte nach einem Supervisor und wollte, dass man die Aufnahmen der Überwachungskameras auswerte. Ferguson verbrachte eine gesamte Turnierpause damit, mit den Veranstaltern zu diskutieren. Ihm wurde jedoch mitgeteilt, dass man sich des Fehlers bewusst, die Hand aber längst gespielt sei und man nichts mehr ändern können.
Ferguson wurde geschädigt und wollte, dass dies behoben wird.
Zorn von der Rail
„Warum glaubt ihr Chris nicht einfach?“, rief Daniel Levy von der Rail direkt hinter Ferguson. „Er würde niemals lügen.“
Ferguson drehte sich um, die beiden starrten sich eine Zeit lang an, bis es im ganzen Saal still wurde. Erst dann ließ Ferguson von dem Dealer-Fehler ab.
Es gab zwar Buhrufe von der Menge, aber Levy war der einzige, der seinen Zorn gegenüber Ferguson in Worte fasste.
Als Ferguson mit Q9 all-in war und Martin Kozlov mit 33 callte, forderten Levy und andere aus der Zuschauermenge lautstark eine weitere 3 auf dem Board. Tatsächlich fiel der Flop J32 und damit endete Fergusons erster Finaltisch nach dem Schwarzen Freitag mit einem vierten Platz.
Ferguson riss seine Arme in die Luft, um sein Ergebnis zu feiern. Aus der Menge gab es hörbare Buhrufeund Levy rief lautstark „Schande!“ und ließ ein paar Kraftausdrücke folgen.
Ferguson verweigerte abermals jeglichen Kommentar, ließ sich jedoch mit ein paar Fans auf dem Weg zum Cashier ablichten. Dann konfrontierte ihn Daniel Levy erneut.
Levy: „Er ist nicht willkommen“
„Schämst du dich nicht!?“, rief Levy Ferguson zu. „Keiner von euch? Ihr seid alle schreckliche Menschen und ihr wisst es auch!“
Fergusons Gefolge skandierte „Ciao“ und „Bye“ während sie Ferguson zum Cashier eskortiert.
„Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass die Pokergemeinschaft Ferguson deutlich macht und er versteht, dass er hier nicht willkommen ist,“ erklärte Levy. „Ich will keine Gewalt, aber die Leute sollen wissen, dass er ein Drecksstück ist und hier nicht sein sollte. Er ist hier nicht willkommen.“
Während einige Spieler nicht bereit sind, Ferguson zu akzeptieren, scheint dies bei anderen anders auszusehen.
Robert Williamson gehörte zu Fergusons Gefolge während des Finaltisches und Ferguson verbrachte eine Pause damit, mit dem Schau- und Pokerspieler James Woods zu plaudern.
Als Ferguson beim Cashier war, gratulierten ihm unter anderem Chris Moorman, Jon Turner und Dennis Phillips.
Doch wenn es darum geht, zu den Spielern zu sprechen, die von dem Anbieter betrogen worden, dessen Gesicht er so lange war und den er mit-entworfen hatte, hat Ferguson nur Schweigen zu bieten.
Dieser Artikel erschien im Orignal von Alexander Villegas auf PokerListings.com.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.06.2016.