Nach der Neueröffnung des Casinos Berlin erinnert an neuer Stätte nur noch wenig an ein Casino. Kein Roulette, kein Blackjack, kein Poker – das klassische Spiel blieb außen vor, die einstig edle Spielbank im Obergeschoss des Park-Inn Hotels erscheint jetzt als Daddelhalle am Fuße des Fernsehturms. Das Personal des klassischen Spiels wurde freigestellt und der gesamten Führungsriege des Casinos wird von der betreibenden Westspiel-Gruppe Betrug vorgeworfen. Was geschieht in Berlin?
Umzug in ein neues Zeitalter
Am 3. Oktober wurde das Casino Berlin nach einem Umzug neueröffnet. Die Neueröffnung wurde in den Wochen zuvor umfangreich beworben und als Schritt in ein neues Zeitalter des Casinos Berlin dargestellt. Am Tag der Neueröffnung zeigte sich, wie dieses neue Zeitalter womöglich zu verstehen sei: am Casino fehlte es an Allem, was ein Casino ausmacht. Es gab kein lebendiges Spiel, also kein Roulette mit Croupiers, kein Blackjack und kein einziger Pokertisch war im Casino aufgestellt. “Technisch-rechtliche Probleme”, war die kurze Phrase mit der das Fehlen dieser essentiellen Bestandteile einer Spielbank erklärt wurde.
In den vergangenen zwei Monaten hat sich an der Situation für die Spieler im Casino Berlin wenig geändert. Außer den Spielautomaten gibt es nicht viel im Casino. Dass kein klassisches Spiel angeboten wird, liegt laut Westspiel-Gruppe darin begründet, dass eine Videoüberwachung der Tische bis jetzt technisch noch nicht realisierbar war. Diese Videoüberwachung sei jedoch, so Westspiel, notwendig, um einen reibungslosen Spielablauf sicherstellen zu können.
Das Personal des klassischen Spiels wurde ab dem 1. Oktober von der Arbeit freigestellt und bezieht zwar weiterhin die Mindestbezüge, muss jedoch um ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses bangen. Am 9. November veranstalteten die betroffenen Mitarbeiter eine Protest-Kundgebung vor dem Casino um auf die Situation im Casino Berlin aufmerksam zu machen. Bewirkt hat diese Kundgebung bis jetzt noch nichts.
Drohender Verlust der Konzession
Inzwischen hat sich jedoch der Berliner Senat in die Angelegenheit eingeschaltet. Der Senat vergibt die Konzessionen für die Spielbanken in Berlin. Diese Konzessionen sind an strikte Auflagen gebunden. Dass das Casino Berlin im Moment kein klassisches Spiel anbietet, ist ein Verstoß gegen diese Auflagen. Laut Aussage eines Betroffenen Mitarbeiters muss das Casino Berlin spätestens zum 1. Januar 2011 wieder klassisches Spiel anbieten, ansonsten wird der Senat dem Casino die Konzession entziehen und das Casino wäre gezwungen zu schließen.
Es ist also zu erwarten, dass das Casino Berlin ab Beginn des nächsten Jahres wieder klassisches Spiel anbieten wird, um seine Konzession als staatlich lizensierte Spielbank zu behalten. Doch in welchem Umfang dieses dann zur Verfügung steht, ist noch völlig unklar.
Vorwürfe gegen das Personal
Darüber hinaus hat die Westspiel-Gruppe massive Vorwürfe gegen sechs leitende Angestellte des Casinos Berlin erhoben. Der Vorwurf lautet, dass sich einige Mitarbeiter vor dem Umzug des Casinos an den Tronc-Dosen bereichert hätten. Der Tronc sind die Trinkgeldkassen beim klassischen Spiel, deren Inhalt üblicherweise nach einem bestimmten Schlüssel unter den Mitarbeitern verteilt wird. Diese Dosen sind verschlossen und lassen sich nur von autorisiertem Personal öffnen.
Der Vorwurf der Westspiel-Gruppe lautet, dass einige der Dosen auch ohne Schlüssel zu öffnen gewesen seien und sieht darin einen potentiellen Betrug. Einer der betroffenen Mitarbeiter erklärte gegenüber PokerOlymp, dass nachweislich kein Geld in den Kassen gefehlt hätte und dass es sich bei den Vorwürfen der Westspiel-Gruppe seiner Ansicht nach um einen Versuch handelt, die komplette Führungsetage des Casinos Berlin auszutauschen.
Es passt ins Bild, dass die Westspiel-Gruppe am 18. November sieben Führungsnachwuchskräfte bekannt gab (Link). Derzeit ist das LKA eingeschaltet und untersucht die Tronc-Dosen. Doch selbst wenn das LKA keinen Betrug oder Betrugsversuch nachweisen kann, werden die betroffenen Mitarbeiter voraussichtlich nicht von der Westspiel-Gruppe rehabilitiert. Das Verhältnis zwischen der nun suspendierten Direktion des Casinos und der Geschäftsleitung der Westspiel-Gruppe scheint zu zerrüttet zu sein, so dass eine Rückkehr der alten Direktion sehr unwahrscheinlich ist.
Nächste Woche planen die freigestellten Mitarbeiter des Casinos Berlin eine erneute Kundgebung. In welche Richtung sich das Casino Berlin entwickelt, ist im Moment ungewiss. Das Vorgehen der Westspiel-Gruppe mit den Angestellten erscheint ebenfalls sehr fragwürdig und verheißt wenig Gutes. PokerOlymp wird von der weiteren Entwicklung berichten.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 03.12.2010.