Das folgende ist ein Auszug aus „Teil 4: Wichtige Konzepte und Situationen“ aus dem Buch „Heads-Up No-Limit Hold’em“ von Collin Moshman. Auf den Markt kommt das Buch am 20.September 2008.
3-Bets vor dem Flop
Werfen wir im Zuge unserer Diskussion von Button-Raises nun einen genaueren Blick auf 3-Bets. Im ersten Abschnitt betrachten wir einen fortgeschrittenen Spielzug, der sehr gut gegen aggressive, mitdenkende Gegner funktioniert, die gerne viel vom Button raisen. Man sollte vorher im Big Blind tight gespielt haben, was der Fall ist, wenn Sie meinen bisherigen Ratschlägen gefolgt sind.
Nehmen wir an, ein aggressiver Spieler raist auf dem Button. Sie wissen, er kann eine große Auswahl an Händen halten. Sie haben eine Hand mit einem gewissen Potential, die aber kein oder nur knapper Favorit gegen seine Range ist, so dass Sie keinen großen Pot out of Position aufbauen möchten. Gute Kandidaten sind T9o, T8s, 54s oder ein kleines Paar.
Auf die meisten Button-Raises hatten Sie gefoldet. Jetzt machen Sie einen kleinen Reraise. Es ist unwahrscheinlich, dass Ihr Gegner auf einen so kleinen Reraise preflop folden wird. Reraist er seinerseits, folden Sie. Callt er, dann betten Sie auf jedem Flop die Hälfte bis zwei Drittel des Pots. Treffen Sie den Flop nicht, und er callt oder raist, dann geben Sie die Hand auf (solange Sie sich nicht auf dem Turn zu einer sehr starken Hand verbessern).
Der Hintergedanke dieses Spielzugs besteht darin, dass ein intelligenter Spieler dazu neigen wird, folgendes zu denken: Jemand, der bis dahin sehr tight im Big Blind war, macht unerwarteterweise einen kleinen Reraise. Das könnte er tun, weil er mit einer starken Hand Action sucht. Wenn Ihr Gegner den Flop nicht trifft, wird er die Hand üblicherweise aufgeben.
Mit diesem Manöver versucht man, vor dem Flop große Stärke zu zeigen, um nach dem Flop den Pot zu stehlen, ohne allzu viele Chips zu riskieren. Außerdem kann man immer einen großen Pot gewinnen, wenn man eine starke Hand floppt und der Gegner ebenfalls den Flop trifft.
Effektive Stackgröße: $1.500
Blinds: $10-$20
Anmerkung: Ihr Gegner pflegt einen soliden tight-aggressiven Stil, raist ungefähr 50% seiner Hände preflop, und Sie haben sich auf die Raises vom Button bisher recht inaktiv gezeigt.
Ihre Hand: 10 8
Action: Ihr Gegner raist vom Button auf $80. Sie reraisen aus dem Big Blind auf $115, und er callt. Der Pot beträgt $230.
Flop: K 7 2
Action: Sie betten $130 und Ihr Gegner foldet.
Analyse: Wenn Ihr Gegner keinen König hält, wird es ihm schwerfallen, in der Hand zu bleiben. Sie haben erhebliche Stärke demonstriert und aufgrund Ihres bisherigen tighten Spiels kann Ihr Gegner nicht davon ausgehen, dass Sie bluffen.
Werden Sie von Ihrem Gegner geraist, dann sollten Sie vorsichtig sein. Falls der Flop beispielsweise J82 kommt, und Sie geraist werden, dann wird Ihr Gegner in den meisten Fällen Top Pair oder besser, oder zumindest Middle Pair mit besserem Kicker halten. Sie haben auf zwei Straßen enorme Stärke gezeigt, trotzdem möchte Ihr tight-aggressiver Gegner einen großen Pot aufbauen. Es ist wahrscheinlich, dass er die beste Hand hat. Wenn der Raise klein ist und die Stacks groß genug sind, um ausreichende Implied Odds für den 5-Outer (drei Zehnen und zwei Achten) zu bieten, dann können Sie callen. Im Allgemeinen sollten Sie Ihrem Gegner in dieser Situation aber glauben und folden.
Die kleine 3-Bet ist ein fortgeschrittener Spielzug, der nur sparsam gegen aggressive und mitdenkende Spieler eingesetzt werden sollte. Gegen andere Gegner kann und sollte dieses Manöver Geld verlieren.
Eine andere Variante einer 3-Bet ist die Overbet. Manchmal sollte man auf einen Button-Raise einen überdurchschnittlichen großen Reraise aus dem Big Blind machen, um die Entscheidungen auf späteren Straßen zu vereinfachen. Mit „überdurchschnittlich groß“ meine ich mindestens das Fünffache des Button-Raises. Es müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein, um diesen Spielzug besoners profitabel zu machen:
1. Sie haben eine robuste, aber keine Premiumhand.
2. Sie haben das Gefühl, Ihren Gegner auf konventionelle Weise nicht klar ausspielen zu können.
3. Ihr Stack ist nicht signifikant größer als das Zehnfache des Button-Raises.
Betrachten wir ein Beispiel, in dem alle diese Kriterien optimal erfüllt sind, und ändern danach die Voraussetzungen, um zu sehen, wie sie die Qualität der Overbet beeinflussen.
Gegner: $2.100
Sie: $900
Blinds: $25-$50
Anmerkung: Ihr Gegner ist ein professioneller Online-Heads-up-Spieler.
Ihre Hand: 4 4
Action: Ihr Gegner raist auf dem Button auf $150.
Analyse: Dies ist ein ausgezeichneter Zeitpunkt für eine Overbet all-in. Ein kleinerer Raise wird uns an den Pot binden und Paare sind gegen die gegnerische Call-Range kein klarer Außenseiter, da die Zahl der Kombinationen für hohe ungepaarte Karten deutlich größer ist als die für hohe Paare.
Action: Wir reraisen all-in und der Gegner foldet.
Modifizieren wir die Kriterien jetzt ein wenig. Nehmen wir als erstes an, unsere Hand sei A 2 statt 4 4 . Wenn unser Gegner auf das All-in foldet, gewinnen wir den Pot so oder so. Wenn er aber callt, dann wird das Paar oft leichter Favorit sein. Wenn er uns nicht gerade als hyperaggressiv einstuft, dann wird seine Call-Range fast nur aus Händen bestehen, gegen die wir mit A2o 30-70 Außenseiter sind – stärkere Asse und Paare. Und auch gegen die übrigen möglichen Hände wie KTs oder KQo sind wir nur leichter Favorit.
Aus ähnlichem Grund sind Hände wie 8 7 in dieser Situation besser als Hände wie K 2 da ein König mit schwachem Kicker oft dominiert sein kann. Mit K 2 sollte man daher eher zu einem Fold als zu einer Overbet tendieren.
Gehen wir als nächstes davon aus, unser Gegner ist schwächer, vielleicht tight-passiv. Dann müssen wir uns nicht nur Sorgen um die Stärke der Hand des passiven Raisers machen, wir haben außerdem nach einem Fold die Möglichkeit, unseren Stack gegen diesen Gegner aufzubauen. Mit einem loose-aggressiven Stil wird man im weiteren Verlauf des Matches klar im Vorteil sein. Daher wird man wesentlich weniger dazu geneigt sein, ein mögliches Ende des Matches mit einer großen Overbet zu riskieren.
In unserem letzten Beispiel halten wir ein kleines Paar gegen einen wesentlich besseren Spieler, nur sind die Stacks größer. Die effektive Stackgröße beträgt $4.000. Ein Raise auf $4.000, um $200 zu gewinnen, riskiert zu viel für zu wenig. Wir könnten stattdessen eine konventionellere 3-Bet auf $750 machen, die in den Fällen gut funktioniert, in denen unser Gegner foldet oder wir ein Set floppen. Falls unser Gegner aber eine 4-Bet all-in macht oder callt und wir kein Set treffen, dann sind wir in einer schwierigen Lage. Im ersten Fall müssen wir entweder einen großen Pot aufgeben oder weitere $3.250 callen. Und bei einem Call müssen wir ohne Set einen großen Pot out of Position bei normalerweise drei Overcards im Board spielen. Das ist eine Situation, die man vermeiden sollte.
Collin Moshman
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 10.09.2008.