Heute möchte ich beim behaglichen Duft meines Jasmin-Tees ein Thema ansprechen, dass beim Pokern immer für höchste Unruhe sorgt. Es geht um das für alle leidvolle Thema des „Bad Beat“ und des „schlechten Laufs“.
Wie wir alle bereits selbst erfahren mussten, sind manche Bad Beats recht bitter. Die Auswirkung eines Bad Beats ist für mich vergleichbar mit einem schlimmen grippalen Infekt, der mit vielen körperlichen Symptomen wie Fieber und Kopfschmerzen einhergeht. Mit dem Unterschied, dass sich die real existierenden Symptome bei einer Krankheit wie einer Grippe auf den Körper schlagen, während Bad Beats die Psyche belasten.
Vernünftige Menschen unternehmen alles, damit sie schnell gesund werden, um wieder ihren täglichen Verpflichtungen nachzugehen. Ich bin der Ansicht, dass vernunftorientierte Pokerspieler sich ähnlich verhalten und ihre angeschlagene Psyche nach einem Bad Beat oder einem schlechten Lauf ernst nehmen und entsprechend pflegen sollten.
Ich gehe davon aus, dass das Pokern nicht vom Schicksal, Aberglauben oder Religion abhängt, sondern von der direkten Aktivität der Gehirnzellen des Menschen beeinflusst wird, der real in dieser Welt denkt und lebt. Deshalb sollte man auch immer durchdachte Wege und Lösungen für seine Psyche finden. Denn Bad Beats gehören nun mal zum Pokern dazu und es gibt kein allgemein gültiges Rezept dagegen. Sie sind eine Herausforderung für jeden Pokerspieler, die er/sie individuell verarbeiten und zügig überwinden sollte.
Einige setzen sich direkt nach einem Bad Beat kurz damit auseinander und haken diesen als einen unabänderlichen Verlust ab. Andere verkraften ihn sehr schlecht und halten sich viel zu lange damit auf und verkennen, welch eine enorme Belastung ihre Psyche aushalten muss. Manche gehen unmittelbar danach sehr gut damit um, fangen aber später an nachzugrübeln.
Ich erinnere mich an meine anfängliche Pokerzeit. Damals wusste ich überhaupt nicht, was ein Bad Beat ist. Dieses Wort und seine Bedeutung existierten seinerzeit nicht in dieser Form wie heute. Natürlich habe ich so manches Mal Hände auf regelrecht brutale Art und Weise verloren, Hände, die ich schon als sicheren Gewinn verbucht hatte. Obwohl es mir auch damals weh tat, bin ich sehr unbelastet an die Sache herangegangen und nahm alles recht locker.
Gleichzeitig beobachtete ich bei den anderen Mitspielern ähnliche Situationen und erkannte, dass auch sie dasselbe durchmachten und es ein allgemeines Problem darstellte. Später bin ich manches Mal schier verzweifelt und wusste nicht so recht, wie ich dem Bad Beat oder dem schlechten Lauf begegnen sollte. Ich war zeitweise völlig am Boden zerstört und wusste mir keinen Rat. Und von meiner anfänglichen naiven Lockerheit war ich auf einmal meilenweit entfernt.
Im Laufe der Jahre habe ich viele Pokererlebnisse gehabt; ich konnte alle Höhen und Tiefen am eigenen Leibe spüren. Inzwischen bin ich besser auf solche Situationen vorbereitet.
Von der neuen Pokergeneration, bzw. der Internetpokergeneration habe ich viele Pokerausdrücke kennen gelernt und übernommen. Mit diesen treffenden Bezeichnungen werden pokerbedingte Situationen präzise beschrieben, für die es früher keine entsprechenden Ausdrücke gab. Es ist einfach cool, wie die junge Generation frischen Wind in die Pokerszene bringt, und vor allem wie sich eine internationale Pokersprache entwickelt hat, die überall verstanden wird.
Liebe Pokerfreunde, ich weiß, dass auch ihr schon viele Male den schlechten Lauf oder Bad Beats in den unterschiedlichsten Formen aushalten musstet. Und dies ist im Internet-Poker genauso schlimm und übel wie im Live-Game. Nur mit dem Unterschied, dass uns zu Hause keiner sehen kann, wenn wir die arme Maus oder die Computertastatur malträtieren – dies wahrscheinlich auch kurz danach bedauern – oder laut aufschreien und uns schimpfend Luft machen.
Ob wir nun live oder im Internet pokern, wir werden den Bad Beats nicht ausweichen können. Was wir aber tun können ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten und zu versuchen, realistische und vernünftige Alternativen zu finden. Bei einem schlechten Lauf sollten wir unseren Stil und unsere Taktik neu überdenken. Vielleicht eine kurze Pause einlegen, an die frische Luft gehen oder etwas lesen; auf jeden Fall aktiv bleiben und nicht ins Grübeln verfallen.
Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, meine inneren und äußeren Reaktionen nach einem Bad Beat zu kontrollieren. Ich habe festgestellt, dass es mir überhaupt nichts bringt, wenn ich äußerlich ruhig erscheinen möchte, aber innerlich aufgebracht bin, und außerdem verbraucht es doppelt soviel Energie. Also konzentriere ich mich darauf, sowohl äußerlich als auch innerlich möglichst schnell wieder ruhig zu werden. Dies gelingt mir nicht immer wie gewünscht, aber trotzdem immer öfter.
Tja, liebe Pokerfreunde, zum Pokern gehört auch das Verlieren. Ob nun durch einen Bad Beat, einen Suck-Out, einen schlechten Lauf oder einfach eine Fehleinschätzung. Das geht an keinem spurlos vorüber und bedarf ständiger Selbstüberprüfung. In diesem Sinne wünsche ich Euch allen gutes Gelingen, erfolgversprechende Hände und a Happy New Year.
Ihre Soraya Homam
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.01.2009.