Im Jahr 1654 hatte der französische Nobelmann und Spieler Antoine Gombaud ein großes Problem. Er verlor beim Würfeln und wusste nicht so recht warum. Er wandte sich deshalb hilfesuchend an die beiden Mathematiker Blaise Pascal und Pierre de Fermat.
Der Briefwechsel der beiden Rechenkünstler über diese Probleme gilt als die Geburtsstunde der klassischen Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ein Gambler mit einem schlechten Lauf ist somit Katalysator für die Entwicklung der Stochastik. Heute nutzen nicht nur Gambler und Pokerspieler weltweit die Theorien der beiden berühmten Vordenker.
Gombauds Würfelproblem
Antoine Gombaud, genannt Chevalier de Méré, wollte von den beiden Mathe-Genies zunächst folgendes wissen: Man wirft ein Paar Würfel 24 Mal. Lohnt es sich, darauf Geld zu wetten, dass dabei mindestens einmal eine Doppel-Sechs kommt oder nicht?
Gombaud wusste, dass die Chance, mit einem Würfel in vier Versuchen mindestens eine Sechs zu werfen, knapp mehr als 50 Prozent beträgt. Wenn man also nur eine 1 zu 36 Chance hat, mit einem Wurf eine Doppel-Sechs zu würfeln, muss man einfach sechs Mal so oft würfeln wie mit nur einem Würfel, sprich 24 Mal. Leider verlor er mit dieser Taktik viel Geld und wollte von Fermat und Pascal wissen, warum.
Fermat und Pascal erkannten, dass die Berechnung von Gombaud falsch war. Sein Proportionalitätsansatz, d. h. sechs Mal niedrigere Wahrscheinlichkeit, also sechs Mal so viele Versuche für gleiche Siegchancen, war naheliegend aber inkorrekt.
Man muss vielmehr alle möglichen Ausgänge mit positivem Ergebnis für Gombaud denen mit negativem Ausgang gegenüberstellen. Dabei ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von knapp unter 50 Prozent – und deswegen verlor Gombaud auch Geld. Ein neuer, genialer Ansatz der beiden Forscher.
Gombauds Teilungsproblem
Ein weiteres Problem Gombauds behandelt ein Spiel, welches sich aus mehreren Runden zusammensetzt. Jeder Spieler tätigt einen gleichen Einsatz, z. B. 10 Goldtaler. In jeder Runde wird eine Münze geworfen. Es wird so lange gespielt, bis einer der beiden Spieler z. B. 20 Mal gewonnen hat. Derjenige, der zuerst 20 Mal gewonnen hat, bekommt den im Topf liegenden Gesamtbetrag. Der andere bekommt nichts.
Auf Grund höherer Gewalt muss das Spiel jedoch vor der Entscheidung unerwartet abgebrochen werden. Gombaud will nun von den beiden Mathe-Genies wissen, wie das Geld in dem Fall gerecht verteilt werden soll.
Pascal und Fermat entwickelten in ihren Briefen eine Berechnungsmethode, die den Gewinnbetrag gemäß den einzelnen Gewinnwahrscheinlichkeiten bei einer fiktiven Spielfortsetzung aufteilt und fanden damit den ‘gerechtesten’ Weg. Hier kann die genaue Berechnung von Fermat und Pascal nachgelesen werden.
Das Ganze erinnert ein wenig an einen ICM-Deal im Poker und war ein absoluter Schlüsselmoment der Mathematik. Mehr oder weniger zum ersten Mal entwickelten Menschen derart präzise mathematische Modelle zur Vorhersage bestimmter Ereignisse.
Gambling als Triebfeder der Wahrscheinlichkeitsrechnung
Schon die Römer und die Griechen beschäftigten sich ausgiebig mit dem Glücksspiel und so mancher Verlierer wird sich in einer durchwachten Nacht – bewusst oder unbewusst und zeitlich Jahrhunderte vor Doyle Brunson – Gedanken über die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten gemacht haben.
Tatsächlich führten die an den Gamblern nagenden Probleme – wie im hier gezeigten Fall – zur Weiterentwicklung der Stochastik und gaben wichtige Impulse. Erst im Jahre 1933 schloss Andrei Kolmogorows Lehrbuch “Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung” die Entwicklung der Fundamente der modernen Wahrscheinlichkeitstheorie ab.
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Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.