Seit 12 Jahren ist PokerStars inzwischen im Business und heute der mit Abstand größte Anbieter im Online-Poker-Bereich. Aber auch PokerStars fing irgendwann einmal klein an und musste über geschickte Marketing-Aktionen Kunden und Aufmerksamkeit gewinnen.
In den Anfangsjahren war Dan Goldman für das Marketing von PokerStars verantwortlich und in seinem Blog Braindump gibt er ein paar interessante Einblicke, wie das Geschäft in den ersten Jahren ablief und wie Isai Scheinberg mit vollem Vertrauen riesige Beträge ausgab, um die Marke bekannt zu machen.
In diesem spezifischen Blogeintrag, den wir in Auszügen ins Deutsche übersetzt haben, erzählt Goldmann, wie PokerStars damals mit Chris Moneymaker Werbung machte und wie man fast 1,4 Millionen Dollar für Ben Affleck ausgab:
600.000 Dollar im ersten Jahr
Als ich mein erstes Gespräch mit PokerStars hatte, war meine größte Sorge, dass das Unternehmen gegen einen etablierten 900-Pfund-Gorilla (das war im Jahr 2002 Paradise Poker) kämpfte. Um gegen einem 900-Pfund-Gorilla mithalten zu können, muss man sich zumindest ebenso verhalten können. Ein paar Anzeigen im Card Player hätten es nicht getan. Wir mussten kreativ sein und kreativ bedeutet in diesem Zusammenhang ziemlich genau eines: teuer.
Bevor Isai mich anstellte, sollte ich einen Marketing-Plan abreißen, wie ich das Unternehmen starten würde. Ich stellte ein Marketing-Budget von 600.000 Dollar in Jahr eins auf. Ich hatte keine Ahnung, welchen finanziellen Hintergrund PokerStars hatte und von den Eigentümern und Investoren kannte ich nur Isai. Ich wusste nur, dass sie tiefe Taschen brauchen würden, um in diesem Markt eine Chance zu haben.
Im Interview wollte Isai wissen, ob ich irgendwelche Frage hätte. Ich erklärte: “Ich habe einen Marketing-Plan. Hast Du 600.000 Dollar für’s Marketing im ersten Jahr übrig?” – Ohne eine Sekunde zu überlegen erklärte Isai: “Wir haben das nötige Geld, um das Unternehmen anständig zu starten”.
Werbung mit Chris Moneymaker
Ein moderates Beispiel: Nachdem Chris Moneymaker 2003 die WSOP gewann, suchte ich stets nach Möglichkeiten, daraus Kapital zu schlagen. Nach seinen Auftritten am Final-Table nahmen die Leute ihn sofort wahr und sein Name war ein Traum für einen Marketing-Menschen. Ich hatte eine Idee für eine Reklametafel und so sah diese aus:
Der Slogan war wohl einer meiner besten – er verband Chris direkt mit PokerStars und implizierte, dass er unseretwegen die WSOP gewonnen hatte. Ich schickte das Design zu unserem Graphiker und wir suchten nach Plakat-Plätzen in und um Los Angeles. Wir wollten den größten Poker-Markt als Test nutzen.
Zur gleichen Zeit hatten wir mehrere hitzige Diskussionen mit Haig Kelegian, dem Besitzer des Bicyle-Casinos. Er war ein Penner, dessen Unerträglichkeit fast keine Grenzen kannte. Im letzten Meeting mit uns sagte er vor versammelter Mannschaft: “Unternehmen wie eures sind illegal. Ich kann euch mit ein paar Telefonanrufen ausschalten.” Direkt nach dieser Erklärung verlangte er, dass PokerStars Satellites für die nächste Turnier-Serie im Bike anbietet.
Auf dem Weg nach Hause von dieser Zeitverschwendung rief mich Marc Chessen an. Er besitzt ein Medien-Unternehmen, mit dem wir schon zusammengearbeitet hatten. Er hatte zwei Plakat-Plätze für uns. Beide waren auf dem 710-Freeway, direkt nördlich und südlich vom Bike-Casino.
“Ich nehme beide”, erklärte ich. Der Preis war egal und drei Wochen später durfte Haig Kelegian auf dem Weg zu seinem Büro dies sehen:
PokerStars Werbung 2003Dieser Streich kostete PokerStars 30.000 Dollar pro Monat. Isai war nicht sicher, dass wir eine Marken-Kampagne starten sollten. Er glaubte unser Geld sei in direkterer Werbung besser aufgehoben, bis wir bekannter waren. Aber ich glaubte, dass Moneymakers Name uns helfen würde, die Spitze zu erklimmen.
Wenige Tage nachdem wir dir Plakate aufgehängt hatten, kamen mehr und mehr Spieler zu uns, die angaben, von PokerStars erstmals über die Plakatwände gehört zu haben. Nach dem ersten Monat waren es über 200 Spieler.
Eine Million für Ben Affleck
Austragungsort der ersten PCAWährend der Vorbereitung für unser erstes World Poker Tour Event im Januar 2004 (die erste PCA) auf einem Kreuzfahrtschiff, arbeiteten wir alle wegen verschiedener Probleme bereits 18 Stunden pro Tag.
Mitten in dieser Panik bekam ich von Isai über den MSN-Messenger eine Nachricht. Er hatte gehört, dass Sharon mit Ben Affleck Poker dann und wann Poker gespielt habe und ob es nicht möglich sei, ihn auf unsere Kreuzfahrt einzuladen.
Ich hatte meine Zweifel, aber als wir das nächste Mal zum Hustler gingen, um zu spielen, war Ben da. Sharon trat mit der Idee an ihn heran und er war fast schon begeistert davon. Er gab Sharon die Kontakte seines Agenten und mit diesem sollten wir die Details ausarbeiten.
Ich rief den Agenten am nächsten Tag an, er hatte eine Menge Fragen und erklärte mir, er werde sich bei mir melden.
Am nächsten Tag rief er an und erklärte, Ben habe just genug Zeit in seinem Terminplan, um zu kommen. Dann ließ er die Bombe platzen: Ben wollte eine Million Dollar für sein Erscheinen.
Keine Chance, dass dies funktioniert. Eine Million war ein riesiger Teil meines Marketing-Budgets und ich hielt ihn für lange nicht so wertvoll. Aber ich erklärte dem Agenten, wir werden dies besprechen und rief Isai an:
“Ok, ich hab mit Ben Afflecks Agenten gesprochen. Er will eine Million Dollar.” Ohne den Bruchteil einer Sekunde verstreichen zu lassen sagte Isai: “Ok, klär die Details ab” und legte auf.
Jetzt musste ich nicht nur die Reisepläne für 600 Leute abklären, die auf das Schiff wollten, sondern auch noch einen sieben-stelligen Deal mit einem der größten Stars in der Welt aushandeln und abschließen. Die Anwälte mussten den vertrag ausarbeiten und wir arbeiteten an der Logistik. Dann ließ der Agent die nächsten Bomben platzen:
Ben Affleck1,4 Millionen für einen Auftritt
Keine kommerziellen Flieger für Ben
“Ben fliegt nicht mit kommerziellen Fliegern. Er muss von LA mit einem Privat-Jet geflogen werden – Gulfstream IV oder vergleichbar, zwei Stewardessen und keine anderen Passagiere.”
Weiter:
“Ben betritt das Schiff nicht mit den anderen Gästen. Er muss über einen Hubschrauber eingeflogen werden.”
Ok, das war für mich alles schon viel zu viel, aber ich erklärte dem Agenten, ich würde mich melden.
Zunächst rief ich die Royal Caribbean an. Ich wusste nicht einmal, ob man einen Hubschrauber auf dem Schiff landen könnte. Es stellte sich heraus, man konnte. Aber es gab ein paar Probleme damit.
Zum einen musste das Schiff dafür angehalten werden und es dauert eine Stunde, bis das Schiff steht und eine weitere, bis es wieder fährt. Die Kosten dafür: 200.000 Dollar.
Zum anderen brauchten wir eine Einwilligung der Homeland Security und die brauchte in der Regel zwei Monate.
Isai Scheinberg (2014)Wieder rief ich Isai an und erklärte ihm die neuen Zahlen. Mit Bens Gage und den ganzen Sonderwünschen waren wir bei 1,4 Millionen Dollar.
Mach es! Einfach so.
“Ok, mach es”, sagte Isai. Einfach so. Und mein erster Gedanke war: “Wie fühlt es sich an, 1,4 Millionen auszugeben, indem einfach so mach es sagt?”
Am Ende wurde nichts daraus. Die Einwilligung der Homeland Security war das größte Problem. Wir hatten keine Garantie, diese rechtzeitig zu bekommen und es wäre gut möglich gewesen, wir hätten über eine Million Dollar investiert, ohne Ben auf das Schiff zu bekommen.
Das war für mich eine große Erleichterung. Ich hielt ohnehin nie viel von der Idee und konnte mir nicht vorstellen, ohne Schlaganfall durch diese Erfahrung zu gehen.
» What happens when you give marketing guys too much money, pt. 1, englisch
» » What happens when you give marketing guys too much money, pt. 2, englisch
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 16.11.2014.