Zweifellos fällt es nach den Ereignissen des letzten Freitag nicht leicht, einfach zur Tagesordnung überzugehen. In meinem Blog vom Samstag habe ich mich dazu schon geäußert und meinen Sorgen Ausdruck verliehen. Mittlerweile kann man allerdings fast wieder von „Business as usual“ sprechen, außer dass die Amerikaner fehlen und Rush Poker nicht mehr ganz zu rushig ist wie vorher.
Das Thema meines heutigen Beitrags soll der Gutshot sein, die Überschrift dieses Texts habe ich einem der besten Pokerbücher entnommen, genauer gesagt Gus Hansens „Hand für Hand“. Und in der Tat, es gibt kaum eine Hand, die derart gute Implied Odds bietet wie der Gutshot, da ihn selbst gute Spieler oft nur als entlegene Gefahr auf dem Schirm haben.
Mit der Zeit hat sich bei mir eine gewisse Versessenheit in puncto Gutshot entwickelt. Ich folde ihn nicht gern, und kann ich ihn mit anderen strategischen Elementen kombinieren, gehen schon einmal die Gäule mit mir durch. So auch in der folgenden Hand, in der ich gegen einen Spieler, der aggressiv seine Blinds verteidigt, vor allem floaten wollte und die paar mickrigen Outs dankbar als Bonus annahm. Am Ende kam dabei ein widerlicher Suckout heraus, für den ich mich tatsächlich ein wenig geschämt habe.
Ich raise bei Rush Poker NLHE mit Blinds von 1 $/2 $ vom Cut-Off auf 6 $ und halte Q 10 . Der Big Blind, der nur einen Stack mit 109,55 $ hat, reraist auf 18 $. Natürlich ist das ein Standard-Fold, aber gegen dieser Spieler übertreibt die Verteidigung der Blinds und man muss sich dagegen wehren. Zumindest gelegentlich. Der Flop bringt K 9 3 und der Big Blind setzt bei 37 $ im Pot 18 $. Ist das Schwäche oder Stärke? Ich entscheide mich für die erste Variante und calle, worauf der Turn mit dem J meine Traumkarte bringt.
Der Big Blind geht All-In, ich calle und muss schmunzeln, als er mit K K Top Set zeigt. Der River brickt und ich gehe kurz aufs Klo, um mich zu schämen.
Sich selbst zuzuschreiben hatte die Misere ein Spieler bei 2 $/4 $, der sich allzu siegessicher fühlte. Ich raise mit 9 8 aus erster Position und bekomme drei Caller, die Blinds folden. Der Flop bringt K 10 6 und ich checke wie mein Nachbar zur Linken. Der Cut-Off (Stack 167,60 $) setzt 12 $ in den Pot mit 54 $, der Button foldet und ich calle mit meinem Gutshot, wie auch mein Nachbar callt. Die Chance ist natürlich sehr vage und die beiden Herz auf dem Board schmälern meine Hand zusätzlich, doch bietet eine Sieben fantastische Implied Odds. Prompt bringt der Turn die 7 , ich setze von vorne 64 $, mein Nachbar foldet und der Cut-Off geht All-In. Er zeigt miserabel gespielte 6 6 und nach der 9 auf dem River streiche ich die 374,20 $ im Pot ein.
Natürlich läuft es auch mal andersherum und man wird selbst Opfer eines Gutshots, oder wie es in deutschen Casinos gerne heißt, eines Bauchschusses. In der folgenden Hand ist mein Gegner, übrigens einer meiner absoluten Lieblinge, mit dem ich schon manchen Strauß ausgefochten habe, derjenige, der einen ekligen Bauchschuss zur Idioten-Straight komplettiert und dafür auch noch meine Zahlkarte benötigte.
Ich raise mit Q 10 vom Cut-Off auf 6 $, er bezahlt auf dem Button und die Blinds folden. Der Flop bringt Q J 6 und setze 8 $ in den Pot mit 15 $. Mein drittbester Freund raist auf 24 $ und ich calle. Der Turn bringt die 10 , ich checke und er checkt. Nach der 7 auf dem River checke ich wieder und er setzt bei 63 $ im Pot 48 $. Mit Two Pair calle ich und staune ein wenig, als ich 9 8 erblicke, die ihm den Pot mit 156 $ einbringen.
Ihr seht, der Gutshot ist für manchen Volltreffer gut. Man sollte es zwar nicht übertreiben, aber er eignet sich gut für einige rituelle Semi-Bluffs und bietet dabei mit die besten Implied Odds überhaupt. Dennoch, nehmt das Ganze nicht zu ernst….
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.04.2011.