Einige Pokerautoren haben gesagt, man solle bei Pot-Limit Poker die Einsatzhöhe nicht variieren, sondern immer den gleichen Betrag (den ganzen Pot) setzen. So gibt Ihr Einsatz Ihren Gegnern keine Information bezüglich der Stärke Ihrer Hand preis. Es gibt beispielsweise Spieler, die auf dem Flop den ganzen Pot setzen, wenn Sie eine fertige Hand (ein Set, zwei Paare) haben, aber mit einem Draw weniger betten. Ein guter Spieler wird immer wissen, woran er ist, wenn er gegen solche Leute pokert, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er deren Geld gewonnen hat. Während es stimmt, dass es besser ist, immer den Pot zu setzen, als die Einsatzhöhe an der Stärke der Hand festzumachen (sehr gute Hand / Pot, gute Hand / halber Pot, mittelmäßige Hand / kleine Bet), ist das nicht die optimale Strategie. Es gibt einige Situationen, in denen ein kleiner Einsatz manchmal besser ist, als den ganzen Pot zu betten:
a) Wenn man gegen einen kleinen oder mittelgroßen Stack spielt,
b) wenn es keine Draws auf dem Board gibt oder
c) wenn man auf dem Flop den Pot gesetzt hat und sich auf dem Turn das Board paart.
Tatsächlich gibt es einige sehr gute Spieler, die auch in anderen Situationen einen kleineren Betrag setzen. Zum Beispiel wurde Ray Zees häufiges Underbetting oft diskutiert, und wie wir in meinem Buch sehen werden, setze auch ich selten den ganzen Pot. Da ein solches Vorgehen aber fortgeschrittenes theoretisches Denken und die Fähigkeit, die Gegner perfekt zu lesen, erfordert, gehe ich an dieser Stelle nicht darauf ein. Ich denke, für viele Spieler ist es gut, immer den Pot zu setzen, wenn sie überhaupt betten, unabhängig davon, ob sie eine fertige Hand oder einen Draw haben. Auf diese Weise
· gibt man nicht zu viel Information über die Hand preis,
· zeigt man den Gegnern, dass man ernsthaft versucht, den Pot zu gewinnen, was diese weniger dazu tendieren lässt, zurückzuspielen,
· gibt man seinen Gegnern die schlechtesten Odds, wenn diese einen Draw haben.
Wenn man trotzdem unabhängig von den Umständen immer den ganzen Pot setzt, wird man manchmal in Situationen geraten, in denen man nur gecallt (oder geraist) wird, wenn man geschlagen ist. Manchmal vermittelt eine kleinere Bet die gleiche Botschaft (dass man vermutlich die beste Hand hält) wie ein höherer Einsatz, und man spart Geld, falls die eigene Hand nicht gut ist.
In dieser zweiteiligen Artikelreihe werde ich zwei Aspekte analysieren, weshalb man den Einsatz variieren kann oder sollte. Im ersten Teil untersuche ich die Lesart des Bords in Bezug zur Einsatzhöhe. Im zweiten Teil werde ich auf die Stackgrößen von Ihnen und Ihren Gegnern eingehen.
Aspekt 1:
Änderung der Einsatzhöhe aufgrund der Lesart des Bords
Wenn man auf dem Flop den Pot gesetzt hat und sich auf dem Turn das Bord paart
Nehmen wir an, der Flop kommt J84 mit unterschiedlichen Farben. Sie betten den Pot und werden von zwei Leuten gecallt. Auf dem Turn paart sich jetzt das Bord. Was sollten Sie tun? Viele schwache Spieler tun folgendes: Sie betten, wenn sie ein Full House halten, und checken, wenn sie nur einen Draw haben, weil sie fürchten, jemand anderes könnte jetzt ein Full House haben. Einige andere Spieler tun folgendes: Sie checken mit einem Full House und betten, wenn sie nichts haben. Beides ist fürchterlich – auch wenn das zweite nicht ganz so schlimm ist wie das erste. Was Sie tun sollten, ist, klein zu setzen (etwas weniger als die Hälfte des Pots), unabhängig davon, ob Sie eine Hand haben oder nicht. Falls Sie mit nichts setzen und Ihre Gegner ebenfalls einen Draw halten, werden diese nicht callen und Sie haben Ihre Gegner zu einem relativ geringen Preis aus dem Pot ge- (semi-) blufft. Falls Sie gecallt werden, wissen Sie, dass wahrscheinlich jemand ein Full House hat, und Sie werden nicht mehr Geld in den Pot befördern. Wenn Sie immer auf diese Weise betten, werden Ihre Gegner Ihre relativ kleine Bet genauso fürchten wie eine Bet in Höhe des Pots. Hin und wieder werden Sie auf diese Weise einen Pot stehlen, und wenn Ihr Semibluff nicht zum Erfolg führt, da Ihr Gegner ein Full House hält, dann war es relativ preiswert. Falls Sie den ganzen Pot setzen, wenn sich das Bord gepaart hat, werden die gleichen Hände wie zuvor folden. Sollten Sie aber gecallt werden (und geschlagen sein), hat es Sie wesentlich mehr Geld gekostet als nötig.
Spiel bei unkoordiniertem Bord
Wenn der Flop etwas wie J96 mit zwei Karten einer Farbe bringt, wissen Sie, Ihre Gegner könnten starke Draws gefloppt haben. Falls der Flop aber K83 oder Q72 mit unterschiedlichen Farben kommt, dann gibt es keine Draws. Wenn Sie eine Hand wie Top Two Pair oder ein kleines Set (oder sogar eine schwächere Hand) bei diesem Bord betten, werden Sie üblicherweise nur gecallt, wenn Sie geschlagen sind, unabhängig davon, ob Sie den ganzen Pot gesetzt haben oder nicht. Viele gute Spieler betten bei solchen Flops immer ein Drittel bis die Hälfte des Pots, unabhängig davon, ob sie ein Set halten oder nicht.* Dadurch sind sie in der Lage, einige Pots zu stehlen, ohne viel Geld zu riskieren. Und wenn sie von einer offensichtlich starken Hand gecallt (oder geraist) werden, kommen sie billig von der Hand. Diese “Halber Pot”-Strategie bei dieser Art Bord gibt ihnen also preiswerte Informationen und hilft ihnen dabei, kleine Pots zu günstigem Preis zu stehlen – eine sehr gute Kombination. Erst wenn die Gegner erfahrener sind und man auf Spieler trifft, die genauso denken, verliert diese Strategie an Wert.
* Denken Sie nicht einmal daran, an dieser Stelle ein kleines Set zu checken. In diesem Spiel geben Sie keine Freecards. Setzen Sie klein und sammeln Sie den Pot ein, aber versuchen Sie nicht, zu trickreich zu werden, indem Sie Ihre Gegner aufholen lassen. Die einzige Hand, mit der Sie es sich hier leisten könnten zu checken, ist Top Set, da die Freecard dann einem Ihrer Gegner eine sehr gute, aber teure zweitbeste Hand einbringen könnte. Selbst dann ziehe ich es normalerweise vor, mit einer großen Hand zu setzen statt zu checken, um die Gegner wissen zu lassen, dass man auch in Situationen, in denen ein Slowplay Sinn macht, aggressiv bettet.
Schlussbemerkung
Im zweiten Teil dieser Reihe werde ich den zweiten Aspekt untersuchen: Man variiert die Einsatzhöhe aufgrund der Stackgrößen von Ihnen und Ihren Gegnern.
Weitere Informationen finden Sie auf Rolfs eigener Seite www.rolfslotboom.com oder der Seite des Verlags, www.dandbpoker.com.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 16.10.2007.