Die Frage ist fast so alt wie der Pokerboom in Deutschland. Müssen auf Gewinne aus dem Pokerspiel Steuern gezahlt werden oder sind diese steuerfrei?
Zu diesem Thema existiert eine unüberschaubare Vielfalt an Meinungen und Beiträgen auf den einschlägigen Internetseiten. Zuletzt machte das Thema Furore, da immer mehr „Profispieler“ Post von den Steuerbehörden erhalten haben mit der Aufforderung, ihre Einkünfte aus dem Pokerspiel gegenüber dem Finanzamt zu erklären, und etwaige Gewinne zu versteuern.
Ich will hier nicht zu sehr in die steuerrechtlichen Details oder gar in die (Un-)Tiefen der deutschen Steuergesetze eintauchen. Vielmehr möchte ich die Rechtslage, wie sie sich nach meiner und nach der ganz herrschenden Meinung unter Juristen darstellt, einigermaßen verständlich skizzieren:
Legal, illegal,…
Für die steuerliche Behandlung von Pokergewinnen ist es zunächst völlig gleichgültig, ob die Gewinne aus legalem (z.B. Spielbank-)Spiel stammen oder auf illegalem Wege erzielt wurden. Die Frage nach der Legalität, zum Beispiel von Onlinepoker und Homegames, berühren andere Rechtsgebiete, zum Beispiel Straf- und Wettbewerbsrecht. Steuerrechtlich ist dies ohne Bedeutung.
Freizeitspieler vs. Profi
Gewinne aus Gelegenheitsspielen sind steuerfrei. Wer also in seiner Freizeit gelegentlich in die Spielbank geht und dort erfolgreich ist, hat auf die Gewinne keine Steuern zu entrichten. Werden die Gewinne angelegt und resultieren hieraus Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden etc.), sind jene Erträge wiederum gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der Steuererklärung als Einkünfte aus Kapitalanlagen anzugeben und ggf. zu versteuern.
Vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist außerdem davon auszugehen, dass ein „Profispieler“ seine Gewinne zu versteuern hat (vgl. Urteil vom 11.11.1993, Az. XI R 48/91 (NV)). Der BFH hat dies zwar nicht ausdrücklich für den Fall eines Pokerspielers entschieden. Jedoch ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Rechtsprechung nicht auf das Pokerspiel übertragen werden sollte.
Schwierigkeiten bereitet allein die Abgrenzung zwischen Freizeit- und Berufsspieler im Einzelfall. Es existieren hierzu keine festen Grenzwerte, bei deren Überschreiten von einer Steuerpflicht auszugehen wäre. Weder das Gesetz noch die Rechtsprechung hat solche verbindlichen Grenzen definiert. In dem oben genannten Fall des BFH ging es um eine tägliche Spielzeit von bis zu sechs Stunden und einem monatlichen Gewinn i.H.v. 3.000,00 DM.
Die Eingruppierung des jeweiligen Einzelfalls erfolgt in der Praxis jedoch anhand folgender Kriterien:
-Zeitanteil des Pokerns an der gesamten Arbeitszeit.
-Regelmäßigkeit des Spielens (täglich, wöchentlich, monatlich?)
-Verhältnis zu anderen Einkünften (Haupterwerbsquelle?).
-Liegt eine ernsthafte Gewinnabsicht vor? Auf welchem Limit wird gespielt?
Was ist mit den Unkosten?
Gelangt man auf diese Weise im konkreten Fall dazu, dass eine steuerpflichtige Tätigkeit vorliegt, stellt sich natürlich umgehend die Frage nach der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen.
Auch hier ist die Lage vom Grundsatz her eindeutig: Zu versteuern sind nicht alle erzielten Einnahmen, sondern lediglich der letztlich erzielte Gewinn. Von den Einnahmen sind also die betriebsbedingten Aufwendungen abzuziehen, zum Beispiel Buy-ins, Verluste, Reisekosten und Hotelkosten.
Dass der Nachweis von Aufwendungen in der Praxis ein erhebliches Problem darstellt, liegt auf der Hand. Wer lässt sich schon den Verlust eines großen Pots bzw. eines Abends von den Gegenspielern oder vom Casino quittieren? Diese Problematik dürfte aber zu Lasten des Spielers gehen. Will er Aufwendungen geltend machen, um seine Steuerlast zu senken, muss er diese im Ernstfall auch belegen. Andernfalls muss er damit rechnen, dass die (nur behaupteten) Aufwendungen unberücksichtigt bleiben und auf dem Papier ein größerer Gewinn steht als tatsächlich erzielt worden ist.
Die Praxis zeigt, dass hier bereits eine selbstgefertigte „Buchhaltung“ bzw. eine detaillierte Auflistung des Spielers über Gewinne und Verluste bzw. Aufwendungen nützlich sein kann („besser als Nichts“). Im Streitfall ist dies natürlich kein taugliches Beweismittel. Jedoch sind die Finanzbehörden erfahrungsgemäß an dieser Stelle im direkten Gespräch durchaus umgänglich bzw. verhandlungsbereit, jedenfalls wenn die Aufzeichnungen plausibel erscheinen.
Rechtsanwalt Axel MittigPoker = Glücksspiel = steuerfrei?
Immer wieder wird die Meinung vertreten, „der Staat“ definiere Poker doch als Glücksspiel und Gewinne aus Glücksspiel könnten nicht besteuert werden. Gerade in jüngster Vergangenheit wurde dieser Eindruck auch von seriösen Tageszeitungen erweckt. Die Rede ist gar von einer „Zwickmühle“, in der sich der Staat angeblich befinde (http://www.sueddeutsche.de/finanzen/669/508810/text/).
Es mag Juristen geben, die diese Gleichung für richtig halten. Ich sehe das anders und ich gehe davon aus, dass auch die Finanzgerichte – und erst Recht die Finanzbehörden – jener Argumentation eine Absage erteilen werden. Die Frage, ob Poker ein Glücksspiel i.S.d. § 284 StGB und des Glücksspielstaatsvertrages ist, ist im Rahmen der steuerrechtlichen Fragestellungen ganz einfach nicht das entscheidende Kriterium. Im Vordergrund stehen die Fragen nach der Gewinnerzielungsabsicht und -möglichkeit und diese können im Fall des Pokerprofis durchaus zu bejahen sein. Dies gilt völlig unabhängig davon, ob Poker ein „Glücksspiel“ im Sinne der gesetzlichen Vorschriften ist – und zwar aus den folgenden zwei Gründen:
Ein Glücksspiel ist nach allgemeiner Meinung (u.a.) ein Spiel, dessen Ausgang ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
Wenn also der sog. „Glücksfaktor“ eines Spiels bei über 50 % liegt, ist von einem Glücksspiel i.S.d. genannten gesetzlichen Vorschriften auszugehen.
Wenn man nun einmal annimmt, dass der Glücksfaktor eines Spiels, zum Beispiel beim Texas Hold´em, bei 55 % liegt, läge demnach ein „Glücksspiel“ vor. Gleichwohl dürfte ein Strategieanteil („Skillfaktor“) von 45 % ausreichen, um dem geübten Spieler auf lange Sicht einen Gewinn zu bescheren. Die Annahme eines Glücksspiels im Sinne der genannten Vorschriften lässt also nicht den zwingenden Schluss zu, dass ein solches Spiel nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gespielt werden könnte.
Zudem ist nach der allgemeinen Glücksspieldefinition bei der Eingruppierung eines Spiels als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel auf den sog. Durchschnittsspieler abzustellen.
Wenn also das Spielergebnis für den Durchschnittsspieler überwiegend vom Zufall abhängt, wird von der Rechtsprechung regelmäßig insgesamt ein Glücksspiel angenommen. Dies schließt nach der Rechtsprechung aber keineswegs aus, dass einige besonders geübte und/oder begabte Spieler in der Lage sein können, langfristig Gewinne zu erzielen. Für diese Spieler handelt es sich unter Umständen überhaupt nicht mehr um ein Glücksspiel. An der grundsätzlich fortbestehenden Glücksspieleigenschaft des Spiels insgesamt ändert dies aber nichts. Denn hierfür ist allein der Durchschnittsspieler maßgeblich.
Auch hierin wird deutlich, dass es nicht zwangsläufig ein Widerspruch ist, wenn „der Staat“ Poker insgesamt als Glücksspiel ansieht und gleichzeitig im Einzelfall die Gewinne hieraus besteuern möchte. Auch wenn man dies als „Rosinenpicken“ empfinden mag. Eine „Zwickmühle“, in der sich der Staat angeblich befinden soll, kann ich persönlich nicht erkennen.
Fazit
Der ambitionierte und erfolgreiche Pokerspieler sollte sich frühzeitig mit der steuerrechtlichen Problematik seiner Tätigkeit auseinandersetzen.Dieses Bewusstsein scheint bislang allenfalls bei einer kleinen Anzahl der Spieler vorhanden zu sein. Anders ist nicht zu erklären, wie oft und freizügig in der Öffentlichkeit über (Online-)Gewinne berichtet und teilweise sogar geprahlt wird.Darauf zu vertrauen, dass Gewinne nicht zu versteuern sind, „weil der Staat Poker ja als Glücksspiel“ definiert“, ist jedenfalls äußerst riskant und könnte evtl. sogar in ein finanzielles Desaster führen, siehe oben.
Vielmehr ist anzuraten, sich im Vorwege Gedanken darüber zu machen, ob und welche (legalen!) Wege es gibt, die Steuerlast in Deutschland zu vermeiden oder wenigstens so gering wie möglich zu halten.
Rechtsanwalt Axel Mittig, Kanzlei Mittig Thalmann Stoll Rechtsanwälte, Grindelallee 20,20146 Hamburg, Kontakt: [email protected]
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 10.05.2010.